Ergebnisse
Verpackungsdesign & Markerentwicklung
Im Rahmen von MaReK konnten neue effiziente, anorganische, biokompatible Upconversion-Fluoreszenz-Tracer entwickelt werden. Darüber hinaus konnte experimentell nachgewiesen werden, dass geringe Mengen des Tracers für eine schnelle und verlässliche Detektion ausreichen. Die Tracer-Technologie funktioniert für alle Verpackungsarten, auch bei verschmutzten, zerdrückten, verformten oder schwarzen Verpackungen. Untersuchungen zur Tracer-Integration in der Praxis zeigen, dass die Aufbringung des Tracers in heller Druckfarbe auf dem Etikett der Verpackung die am besten geeignete Option ist. So wird der Tracer in den Verwertungsprozessen einfach mit dem Etikett und/oder der Druckfarbe abgelöst. Die Einrichtung einer effizienten Synthese und Nachbehandlung zur Herstellung der Tracer ist ein weiterer Meilenstein.
Verwertungsorientierte Charakterisierung von Leichtverpackungen
Während bisherige Studien zur Verpackungscharakterisierung zumeist lediglich abfallwirtschaftlich relevante Parameter wie die Packstoffe und zum Teil die Geometrien der Packmittel (Flaschen, Becher, ...) erfassten, wurde in dieser Studie erstmals eine umfassende verpackungstechnische Charakterisierung der Leichtverpackungs-Abfälle durchgeführt. Es wurden hierfür nicht nur Geometrien oder Packstoffe, sondern auch die der Verschlusssysteme erfasst, und daneben u. a. auch Farben, Etikettenarten und –werkstoffe, sowie Füllgüter und deren Lageranforderungen dokumentiert. Bei Multilayer-Verpackungen wurden die Anzahl und die Werkstoffe der Schichten detailliert untersucht, der Verunreinigungsgrad erfasst, und alle untersuchten Verpackungen wurden fotografiert. Somit liegt eine vollständige Daten- und Fotosammlung der Inhalte von in Summe 248 Wissenschaftssäcken vor. Die Fotodokumentation kann als Basis für die Entwicklung von KI-Sortieransätzen dienen. Die Konsolidierung und Auswertung der tabellarisch vorliegenden Daten wurde bereits begonnen. Sie werden die für das MaReK-Vorhaben benötigten detaillierten Informationen über die Eigenschaften von Leichtverpackungsabfällen zur Bestimmung von Durchsätzen und zur Wirtschaftlichkeitsberechnung bereitstellen.
An der deutschlandweiten Studie nahmen insgesamt knapp fünfhundert Haushalte teil. Die Haushalte sammelten jeweils zwei Wochen ihre Leichtverpackungen in einem „Wissenschaftssack“, den sie an die HSPF als Retourensendung zurückschickten. Insgesamt basierte die Studie auf 248 Wissenschaftssäcken mit einem Gesamtvolumen von etwa 24 m³ und typischerweise etwa einhundert Einzelteilen pro Wissenschaftssack. Die Gesamtmasse der durch die Studie charakterisierten Verpackungen betrug 257 kg. Es wurden insgesamt 27.000 Einzelteile identifiziert, charakterisiert und fotografiert. Die Arbeiten erfolgten im Zeitraum vom Oktober 2019 bis zum Juli 2020. Die Untersuchung fand in Kooperation mit einem weiteren vom BMBF/“Plastik in der Umwelt“ geförderten Vorhaben (Verbraucherreaktionen bei Plastik und dessen Vermeidungsmöglichkeiten am Point of Sale - VerPlaPoS) statt. Geleitet wird dieses Projekt von der Stadt Straubing. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf als Kooperationspartner von VerPlaPoS hat im Zuge der Wissenschaftssack-Zusammenarbeit die sozioökonomischen Hintergrundinformationen der Studienteilnehmer erhoben.
Sortierversuche mit TBS
Es werden Sortierversuche mit Verpackungsmustern durchgeführt. Hierbei wird die Funktionalität der Technologie auch unter herausfordernden Bedingungen (v. a. verschmutzte, verformte, schwarze Verpackungen) untersucht. Zur Identifikation der markierten Artikel wurde eine kostengünstige und schnelle Detektionseinheit entwickelt. Die Abförderung typischer Verpackungsartikel aus der Detektionseinheit wurde erfolgreich mit einem Fallklappensorter demonstriert.
Da es sich beim Tracer-Based-Sorting um eine komplexe Innovation handelt, die wertschöpfungskettenübergreifend erhebliche Auswirkungen haben wird, ist es wichtig, schon in einer frühen Phase der Innovation die Einflussgruppen einzubeziehen. Im Rahmen des MaReK-Projektes wurden zwei Stakeholder-Workshops mit großem Erfolg durchgeführt, u.a. ein internationaler Workshop im September 2019, um die bisher erreichten Ergebnisse darzustellen und die TBS-Technologie anhand einer Demonstrator-Sortieranlage zu präsentieren. Die Workshop-Teilnehmer vertraten die Bereiche Herstellung, Handel und Entsorgung sowie Verwaltung und bildeten damit ein hervorragendes Forum, um neben technischen auch organisatorische und politische Fragestellungen zur Umsetzung zu diskutieren. Rund vierzig internationale Vertreter von Industrieunternehmen, großen Markenherstellern sowie von Forschungseinrichtungen und auch Abfallwirtschaftsbehörden folgten der Einladung. Neben der Demonstration der „Tracer-Based-Sorting“ (TBS)-Sortiertechnik wurden weitere Aspekte der TBS-Technologie, wie die Herstellungsprozesse der Tracer oder die Möglichkeiten zur Integration des Tracers auf und in den Verpackungen, diskutiert. Gegenstand weiterer Arbeitsgruppen war die weitere industrielle Umsetzung von TBS. Wichtige Ergebnisse waren dabei neben der Einsetzbarkeit der TBS-Technologie zur Trennung von Lebensmittel- von Nicht-Lebensmittelverpackungen auch die Kennzeichnung schlecht verwertbarer Verbundverpackungen oder die weitere Auftrennung von einzelnen Polymersorten.
Einige große Brands, Verpackungshersteller und Entsorger sind konkret an der Technologie interessiert und arbeiten mit dem Projektpartner Polysecure an der Optimierung und Umsetzung des TBS-Verfahrens für spezifische Fragestellungen. Auch große Technologie-Unternehmen sind konkret interessiert, als strategische Investoren innerhalb eines Industriekonsortiums die TBS-Technologie global umzusetzen. Gerade Länder, die kaum oder keine Sortier- und Recyclingtechnologie etabliert haben, können mit dem TBS-Verfahren den (deutschen) Stand der Technik überspringen („leap frogging“) und eine hohe Recyclingquote und hohe Wirtschaftlichkeit erreichen.
Potentielle Umweltauswirkungen
Im Rahmen des Projektes wurde eine ökobilanzielle Bewertung der Sortier- und Verwertungsprozesse von Leichtverpackungen aus Kunststoff vorgenommen. In einem ersten Schritt wurde der derzeitige Stand moderner, konventioneller Sortieranlagen in einer Ökobilanz-Software abgebildet und steht so für die Untersuchung und ökologische Bewertung der Sortiertechnik bereit. Als zweiter Schritt wurde der Einsatz von Tracer-Based-Sorting (TBS) in zwei Szenarien („TBS light“ und „TBS complete“) zusätzlich zur konventionellen Sortiertechnik modelliert. Die Modellierung des konventionellen Sortier- und Verwertungssystems in Deutschland sowie die Gestaltung der Szenarien mit TBS basieren auf einer umfassenden Literaturanalyse und unterstützenden Experten-Interviews. Die Modellierung der Systeme und deren Sachbilanz in der Software Umberto LCA+ sowie die anschließende Auswertung der Wirkungsabschätzung zeigen die ökologisch vorteilhaften Auswirkungen des Tracer-Based-Sorting. Generell ist das werkstoffliche Recycling aus Umweltsicht vorteilhaft im Vergleich zur Verwendung primärer Kunststoffe. Durch „TBS light“ kann zudem im Vergleich zum konventionellen System der Verpackungsverwertung eine leichte Erhöhung der Nettoeinsparungen von Treibhausgasemissionen realisiert werden. „TBS complete“ zeigt sogar das Potential einer deutlich größeren Nettoeinsparung. Sie entspricht einer Einsparung von Treibhausgasemissionen um mehr als dem Doppelten verglichen mit der konventionellen Verpackungsverwertung. Den Aufwänden der Implementierung in das bestehende System stehen eine verbesserte Sortierqualität und die mögliche Unterscheidung stoffspezifischer Verpackungskategorien gegenüber, welche den vermehrten Einsatz von Rezyklat, beispielsweise im Lebensmittelbereich, ermöglichen.
Beide Ansätze mit TBS sind umweltfreundlicher als das bestehende System der Verpackungsverwertung. Sie erfüllen durch hochwertiges Rezyklat die Anforderungen einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und ermöglichen dadurch auch eine höhere Rezyklat-Einsatzquote. Die Substitution von virginem Kunststoff durch Rezyklat wirkt sich für die Hauptpolymere mit Einsparungen von ca. 2,5 kg CO2-Äquivalenten je kg Kunststoff aus [Dehoust und Christiani 2012; Kauertz et al. 2018].
Quellen:
- Dehoust, Günter; Christiani, Joachim (2012): Analyse und Fortentwicklung der Verwertungsquoten für Wertstoffe. Sammel- und Verwertungsquoten für Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen als Lenkungsinstrument zur Ressourcenschonung. Hg. v. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.
- Kauertz, Benedikt; Bick, Carola; Schlecht, Samuel; Busch, Mirjam; Markwardt, Stefanie; Wellenreuther, Frank (2018): FKN Ökobilanz 2018. Ökobilanzieller Vergleich von Getränkeverbundkartons mit PET-Einweg und Glas-Mehrwegflaschen in den Getränkesegmenten Saft/ Nektar, H-Milch und Frischmilch. Hg. v. ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH. Heidelberg.
- Kusch, Anina (2020): Ökobilanzielle Bewertung der Sortierung und Verwertung von Leichtverpackungen aus Kunststoff mit Betrachtung der Optionen durch TBS. Masterthesis an der HS Pforzheim.