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Change Management in der Praxis oder wie bringt man 200 Menschen in Bewegung?

Ursula Weicher (l.) und Stefanie Heine (r.)

Ready for Champions League – Changemanagement bei der Lapp Systems GmbH

Am 6. Juni waren zwei Unternehmensvertreterinnen der Stuttgarter Lapp Systems GmbHzu Gast in der Ringvorlesung Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Stefanie Heine und Ursula Beicher ließen die Zuhörer dabei an ihren Erfahrungen zum Thema Changemanagement in der Praxis teilhaben. Der Vortrag begann zunächst mit einer kurzen Vorstellung der Referentinnen sowie der Lapp Systems GmbH. Anschließend stellten die beiden ihr Changemanagementprojekt vor, wobei sie im Wechsel Fragen, die während des Projekts aufkamen, stellten bzw. beantworteten.

Stefanie Heine ist von Haus aus Maschinenbauingenieurin und arbeitete zunächst bei der Daimler AG, bevor sie zu Lapp wechselte, wo sie inzwischen Geschäftsführerin der Lapp Systems GmbH ist. Ursula Beicher ist Lean Coach bei Lapp Systems und zudem Betriebsratsvorsitzende. 

Die Lapp Systems GmbH

Die Lapp Systems GmbH ist Teil der Lapp Gruppe und wurde 1983 gegründet. Das Unternehmen ist Spezialist für die Konfektion von maßgeschneiderten Kabel- und Leitungssystemen. An drei Standorten, davon zwei in Deutschland und einer in Tschechien, sind insgesamt 300 Mitarbeiter beschäftigt. 

Das Changemanagementprojekt – Aufbruch Richtung Champions League

Los ging es mit der Frage „Warum haben wir das Projekt gestartet?“ – die Antwort: „Wir hatten keine klare Vision von der Zukunft.“. So wurde im ersten Schritte mittels eines Business Model Canvas erarbeitet wofür das Unternehmen zukünftig stehen will, was es seinen Kunden bieten möchte und was dafür benötigt wird. Es zeigte sich, dass die Lapp Systems GmbH Kunden beliefern möchte, die in ihrer Branche zu den Champions gehören – dafür muss man jedoch selbst auch ein Champion sein.

Folgend stellte sich die Frage was an der Kultur im Unternehmen verändert werden sollte, hierbei kristallisierten sich vier Themen heraus, an denen gearbeitet werden sollte: Kommunikation, Lernkultur, Verbindlichkeit und Führungskultur.

Was für das Changemanagementprojekt zudem benötigt wurde, war eine Change Story, um den Mitarbeitern plakativ und einprägsam zu erläutern warum, wohin und wie man sich verändern möchte sowie Vorteile die jeder Einzelne davon hat. Als Leitmotiv der Change Story wurde schließlich Fußball gewählt und das Projekt „Ready for Champions League“ genannt.

Das Projekt startete mit Kick-Off Veranstaltungen für alle Mitarbeiter, an denen jeweils Teams mit 10-15 Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen teilnahmen. Die Veranstaltungen begannen mit dem Anhören der Champions League Hymne, anschließend wurde die Change Story mittels Comiczeichnungen vorgestellt. Im Anschluss an die Kick-Off Veranstaltungen konnten sich alle interessierten Mitarbeiter für die Teilnahme am Projekt anmelden. 

Es meldeten sich schließlich 53 Mitarbeiter, die nun in sieben Teams an unterschiedlichen Themen arbeiten. Frau Heine betonte, dass ein großer Mehrwert dieser Teams – unabhängig vom Ergebnis –allein die Tatsache ist, dass Personen aus unterschiedlichen Abteilungen zusammenarbeiten und sich kennen lernen. Vertreter der sieben Gruppen treffen sich alle vier Wochen zu einer Taktikbesprechung, um die Ergebnisse und das weitere Vorgehen zu besprechen. Alle Mitarbeiter werden in Form einer Pressekonferenz informiert, wobei die Kollegen vom zweiten deutschen Standort in Much per Videoschaltung dabei sind. Solche Besprechungen gab es in der Geschichte des Unternehmens bisher noch nicht. 

Um den Mitarbeitern zu zeigen, dass sich im Projekt auch etwas bewegt, wurden Ende letzten Jahres unter dem Motto „Eine Mannschaft geht auf Reisen“ elf Gutscheine für einen Jobtausch verlost. Die Gewinner hatten die Möglichkeit einen Tag lang einen Kollegen zu begleiten dessen Tätigkeit sie schon immer interessiert hat. Durch einen solchen Perspektivenwechsel wachsen die Kommunikation untereinander und das Verständnis füreinander.

Erfahrungen von „Immer wieder…“ bis „Nie mehr…“

Die beiden Referentinnen schlossen ihren Vortag mit ihren persönlichen Erfahrungen aus dem Projekt. Daraus wurde vor allem deutlich, dass es Frau Heine und Frau Beicher mit Stolz erfüllt zu sehen wie Mitarbeiter sich weiterentwickeln und Dinge sich verändern. Nichtsdestotrotz verdeutlichten beide, dass ein solches Projekt auch sehr viel Energie erfordert und an manchen Stellen auch eine hohe Frustrationstoleranz. 

Basierend auf den bisherigen Erfahrungen sind sich beide einig, dass sie bei einer Wiederholung nie mehr mit sieben Gruppen gleichzeitig starten würden, da so keine Möglichkeit für Evaluation und Nachjustierung im Sinne des PDCA-Zyklus besteht. Immer wieder würden sie jedoch die Kick-Offs in der gewählten Form gestalten. Zudem betonte Frau Heine die Vorteile hinsichtlich beispielsweise kurzer Entscheidungswege, die sich durch die Position von Frau Beicher als Betriebsratsvorsitzende im Projekt ergeben haben. 

In der abschließenden Diskussion wollten die Zuhörer dann wissen, ob es auch Widerstand im Unternehmen gab und ob Mitarbeiter die Notwendigkeit für Veränderung überhaupt sahen bzw. sehen wollten.

 

 

Ursula Weicher (l.), Stefanie Heine (m.) und Prof. Dr. Frank Bertagnolli (r.)