Entwicklung von Zukunftsbildern einer Bioökonomie: partizipativer Foresight-Prozess im Projekt BioKompass
Elna Schirrmeister vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung sprach im letzten Vortrag der Ringvorlesung im Wintersemester 2020/21 zum Thema „Entwicklung von Zukunftsbildern einer Bioökonomie: partizipativer Foresight-Prozess im Projekt BioKompass“. Die Veranstaltung an der mehr als 60 Interessierte teilnahmen, fand online in Alfaview statt. Im Anschluss an den Vortrag wurde in Kleingruppen interaktiv zum Thema Zukunftsbilder zusammengearbeitet.
Foresight
Wie wird die Zukunft wohl aussehen? Diese Frage hat sich sicher jeder schon einmal gestellt. Beim Foresight geht es darum eine Vision der Zukunft zu entwickeln. Diese Vision muss nicht zwangsläufig korrekt sein bzw. eintreten, vielmehr geht es darum einen Möglichkeitsraum für die Zukunft aufzuspannen. Ziel ist es sich von der Vorstellung genau einer möglichen Zukunft zu lösen. Die Referentin erläuterte welche Methoden hierfür in der Praxis zum Einsatz kommen und ging im Detail auf die Szenarioanalyse ein.
Das Vorgehen dieser Methode kann man sich wie ein Puzzle vorstellen. Man beginnt mit einer großen Frage, die man in viele kleine Fragen – Puzzleteile – herunterbricht. Diese Puzzleteile setzt man dann wiederum zu unterschiedlichen Kombinationen – Szenarien – zusammen. Aus jedem Szenario ergeben sich unterschiedliche Chancen und Risiken, für die im hier und jetzt Handlungen abgeleitet werden müssen. In der Regel werden 3-5 konkrete Szenarien gebildet und ausgearbeitet. Die Szenarioanalyse fokussiert große Transformationsprozesse, so geht es nicht darum was in zwei Jahren sein wird, sondern in zehn oder fünfzehn Jahren. Je länger man in die Zukunft schaut, umso mehr öffnet sich auch der Optionsraum.
Bioökonomie
Im zweiten Teil ihres Vortrags gab die Referentin eine kurze Einführung in die Bioökonomie. Der Bioökonomierat versteht Bioökonomie als die „Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen (auch Wissen), um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen“. Es wird davon ausgegangen, dass die Bioökonomie einen Beitrag zur Lösung aktueller Herausforderungen wie Klimagasreduktion, knappe Ressourcen, Ernährungssicherung oder Artensterben leisten kann. Die Annahme, dass Bioökonomie per se nachhaltig ist, ist jedoch nicht richtig. Zwar gibt es heutzutage bereits in vielen Bereichen bio-basierte Lösungen (z.B. 3D-Druck, Biokunststoffe, Biokraftstoffe, Bionik), jedoch kommen sie bisher nur zu einem geringen Prozentsatz zu Einsatz.
Zukunftsbilder einer Bioökonomie
Die konkrete Entwicklung von Zukunftsbildern erläuterte Frau Schirrmeister am Beispiel des Projekts BioKompass. Dabei wurden zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern sowie vielen Schülern und Schülerinnen Zukunftsbilder einer Bioökonomie entwickelt. Im Zuge des Projektes entstanden drei Szenarien. Im Szenario 1 „Hoch hinaus mit Hightech-Bioökonomie“ bleibt die Wahlfreiheit im Konsum durch viele Innovationen unverändert hoch. Im Szenario 2 „Nachhaltige Bioökonomie – Made in Germany“ ist Klimaschutz in Deutschland das alles beherrschende Thema. Klimaschutz wird durch entsprechende Steuern forciert und bereits in die Bildung von Kindergartenkindern integriert. Deutschland exportiert seine erfolgreichen Bioökonomie-Ideen in die ganze Welt. Auch hier bleibt die Wahlfreiheit im Konsum hoch, jedoch verändern sich die Konsummuster. Im Szenario 3 „Ökologisch bewusster Lebensstil“ kommt es hingehen zu einem teilweisen – möglicherweise auch schmerzhaften – Konsumverzicht. Ob eines dieser Szenarien eintreten wird, beziehungsweise welches der tatsächlichen Zukunft am nächsten kommt, lässt sich erst in ein paar Jahrzehnten sagen.
Zum Abschluss der Veranstaltung durften die Teilnehmer in Kleingruppen mittels Miro-Boards an der Entwicklung von Zukunftsbildern arbeiten. Hierfür wurde ihnen zunächst jeweils eines der drei Bioökonomie-Szenarien zugeteilt. Dann galt es sich in das jeweilige Szenario ein zudenken und die folgenden beiden Fragen zu beantworten: „Wie wird die Kommunikation in diesem Szenario aussehen?/Welche Rolle/Funktion nimmt das Smartphone ein?“ und „Wie wird die Mensa aussehen?“. Im Anschluss wurden die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.
Mit diesem interaktiven Teil konnten die Teilnehmenden selbst erfahren, wie man mit Szenarien arbeiten und sich eine Vorstellung der Zukunft erschließen kann.