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Aktuelle Projekte

Instrumentiertes Messrad

Seit den 1990iger Jahren gibt es die ersten vollgefederten Mountainbikes, deren Variantenvielfalt und Komplexität seither kontinuierlich ansteigt. Dieser Trend wird auch in absehbarer Zukunft anhalten. Viele Neuentwicklungen sind trotz moderner Simulationsmethoden auch heute noch Ergebnis aus Versuch und Irrtum. Die technischen Unterschiede zwischen den Fahrradherstellern sind inzwischen verschwindend gering und deshalb versuchen diese mit neuen Kinematik-Konzepten technischen Fortschritt zu erzielen. Die Vielzahl dieser Kinematik-Konzepte zu bewerten ist herausfordernd, da die Fahreigenschaften eines Mountainbikes von mehreren Faktoren beeinflusst werden und es deshalb kein allgemeingültiges Gütekriterium gibt.


Der Forschungsschwerpunkt Fahrverhalten gefederter Fahrräder ist drittmittelfinanziert und beschäftigt sich mit Fragestellungen rund um das Thema „Fahrwerke und Fahrdynamik“. Dazu gehören empirische Versuche an instrumentierten Fahrrädern, Grundlagenforschung und rechnergestützte Simulationen. Forschungsziele sind beispielsweise Ansätze zur Verbesserung des Komforts, Fahrverhaltens und der Antriebseffizienz.

Gabelprüfstand für dynamische und statische Zug-Druck-Belastungen

Heutige Rennräder oder Mountainbikes haben nur noch sehr wenig mit den Fahrrädern vergangener Zeiten zu tun. Durch die Nutzung neuer Werkstoffe und neuer Herstellungsverfahren konnten im Fahrradbau in den letzten Jahren viele Ideen realisiert werden, die dem Fahrrad zu einer neuen Renaissance verholfen haben. Ein „high end“-Rennradradrahmen wiegt zum Beispiel deutlich unter einem Kilogramm. Diese Leichtbaustrukturen reagieren extrem anfällig auf Herstellungsfehler, die bei der Serienfertigung auftreten können. Aus diesem Grund kommt bei den Fahrradherstellern der Qualitätskontrolle und -sicherung eine wachsende Bedeutung zu. Der Gesetzgeber schreibt eine Reihe von Standartprüfungen vor, die neben statischen Prüfungen auch dynamische Dauerlastbeanspruchungen beinhalten. Bislang werden diese Prüfungen häufig auf Universalprüfmaschinen durchgeführt, da es auf dem Markt nur wenige Hersteller von Prüfmaschinen gibt, die Spezialmaschinen für die Fahrradindustrie entwickeln. Insbesondere im Mountainbike-Bereich sind die in der Praxis real auftretenden Belastungen um ein Vielfaches höher als die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Norm-Lastkollektive. Aus diesem Grund müssen Fahrradhersteller selbst entwickelte Komponenten, die in diesen Grenzbereichen genutzt werden, noch viel umfangreicher prüfen.

In dem hier beschriebenen Forschungsprojekt werden daher aus Fahrversuchen Maximallasten im Gelände ermittelt, die als Grundlage für Zusatzprüfungen außerhalb der Norm dienen. Teilweise ist es sogar notwendig, neue Prüfverfahren zu entwickeln, damit die Prüfungen auch wirklich den späteren Nutzungsbereich der Fahrradkomponenten abdecken.

Für diese teilweise sehr speziellen Anforderungen werden Sonderprüfmaschinen entwickelt und gebaut. Zur Erzeugung der Prüfkräfte werden elektrische oder pneumatische Aktoren verwendet. Die Regelung der Maschinen erfolgt über speicherprogrammierbare Steuerungen. Die Software dieser Maschinen ist bedienerfreundlich und individuell erweiterbar. Der ergonomische Aufbau der Maschinen ermöglicht ein schnelles Umrüsten.

Lehr- und Forschungsanlage für die industrielle Automatisierung.

Automatisierung ist eine Schlüsseltechnologie für die digitale Transformation der Industrie. Der Einzug digitaler Automatisierungstechnologien in die industrielle Produktion datiert bereits auf die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Seitdem hat sich die Automatisierungstechnik als Bindeglied zwischen den physischen Produktionssystemen und der digitalen Informationstechnik etabliert.

Mit dem rasanten Wachstum der Menge und Vielfalt verfügbarer Daten, der wachsenden Bandbreite und sinkenden Antwortzeiten industrieller Kommunikationstechnologien und einer – zumindest temporär – praktisch unbegrenzten Verfügbarkeit von Rechenleistung entwickeln sich in der Automatisierungstechnik neuartige Trends.

Die Schaffung und Nutzung von „digitalen Zwillingen“ oder „digitalen Schatten“ physischer Entitäten – wie Geräten, Anlagen oder Produkten  ist ein zentrales Konzept von Cyber-Physischen-Produktionssystemen und Industrie 4.0.

Sie können ihren Nutzen im Produktdesign, der Produktionssimulation, dem durchgängigen Engineering, der virtuellen Inbetriebnahme, der Schätzung von Zuständen oder der Produktionsoptimierung entfalten.

In Rahmen von industriellen Kooperationsprojekten werden die Anwendung sowie die Potenziale des digitalen Schattens erforscht. Diese Kooperationen beziehen sich sowohl auf regionale KMU als auch auf international agierende Großkonzerne der Automotiv-Industrie.

Abgeschlossene Projekte

Projekt BikeSafe: Fahrdynamisches Sicherheitssystem für E-Bikes

Thematischer Bereich: Mechatronik, E-Bikes, Zweirad, Sicherheit, Fahrdynamik

gefördert vom BMBF im Rahmen des Programms FHProfUnt, 2013 bis 2016: 

Projektleitung:
Prof. Dipl.-Ing. Jürgen Wrede 
Email:  juergen.wrede(at)hs-pforzheim(dot)de

Stellv. Projektleitung:
Prof. Dr.-Ing. Martin Pfeiffer 
Email: martin.pfeiffer(at)hs-pforzheim(dot)de 

weitere beteiligte ProfessorInnen der HS Pforzheim:

Prof. Dr.-Ing. Stefan Hillenbrand
Prof. Dr.-Ing. Christa Wehner

Kooperationspartner:

Robert Bosch GmbH, Bereich eBike, Reutlingen-Kusterdingen

Gustav Magenwirth GmbH & Co KG, Bad Urach

IPG Automotive GmbH, Karlsruhe

Universität Magdeburg, Institut für Mobile Systeme, Prof. Dr.-Ing. Roland Kasper

E-Bike-Überschlag schematisch

1 Motivation und Problemstellung

Elektrisch unterstützte Fahrräder (hier E-Bikes genannt, speziell Pedelecs) stellen einen unverzichtbaren Teil der neuen umweltfreundlichen Elektromobilität dar. Im Forschungsvorhaben wurde ein wichtiger Sicherheitsaspekt von E-Bikes untersucht und ein Prototyp eines fahrdynamischen Sicherheitssystems, eine Art Bremsassistent, ähnlich dem ABS, entwickelt.

Schon beim konventionellen Fahrrad sind durch deutlich leistungsfähigere Bremsen die Unfallrisiken durch Radblockieren auf rutschigem Untergrund oder einen Überschlag bei hoher Verzögerung stark gewachsen.

Beim Motorrad ist dieses Problem durch ABS mittlerweile entschärft. Bei Fahrrädern, insbesondere auch bei E-Bikes, existiert jedoch noch keine funktionierende, marktfähige Lösung. Die durch die höhere Geschwindigkeit bei E-Bikes gestiegenen Gefahren könnten durch ein dem ABS ähnliches, jedoch erheblich kompakteres, kostengünstigeres und an das E-Bike angepasstes Bremsassistenzsystem deutlich reduziert werden. Dieses System muss dabei neben dem Vorderradblockieren auch den Überschlag verhindern.

2 Projektidee und Lösungsansatz

Gesamtziel ist es, aus dem Automobilbau bekannte Methoden, wie z.B. die simulationsbasierte Entwicklung, auf das E-Bike zu übertragen und einen funktionierenden Prototyp eines fahrdynamischen Sicherheitssystems mit Potenzial für eine Realisierung in Serie zu entwickeln.

Mit Fa. Bosch (E-Bike-Komponenten), Fa. Magura (Zweiradbremsen), Fa. IPG Automotive (Simulationssoftware) und dem Institut für Mobile Systeme der Uni Magdeburg (kooperative Promotion) konnten die passenden Partner gewonnen werden.

Der Lösungsansatz für ein E-Bike-taugliches Bremsassistenzsystem beruht wesentlich auf einer mikromechanischen Inertialsensorik zur Überschlagerkennung, womit sich ein 1-kanaliges System darstellen lässt, welches nur an der Vorderachse regelt. Der inzwischen kostengünstige Inertialsensor kann in die Elektronik integriert werden und bietet damit Kosten- und Montagevorteile gegenüber einem Drehzahlsensor an der Hinterachse.

Fahrversuch zum Hinderradabheben

3 Projektergebnisse

Zunächst konnte durch Unfalldatenrecherchen, Simulationen und Versuche ein besseres Verständnis der Bremsdynamik bei Unfallsituationen speziell von E-Bikes erreicht werden.

Hardware-in-the-Loop-Prüfstand mit hydraulischer Scheibenbremse und elektropneumatischer Betätigung

Als wichtiges Ergebnis des Projekts steht an der Hochschule Pforzheim eine komplette modellbasierte, parametrierte und validierte Entwicklungsumgebung für fahrdynamische Sicherheitssysteme zur Verfügung. Dies beinhaltet mehrere echtzeitfähige Simulationsmodelle von E-Bike mit Fahrer, einen Hardware-in-the-Loop-Prüfstand sowie einen mit umfassender Sensorik und einem Rapid Control Prototyping System ausgestatteten E-Bike-Versuchsträger für Messfahrten und Funktionsentwicklung. Damit lässt sich mit Model-in-the-Loop, Hardware-in-the-Loop und Rapid Control Prototyping der modellbasierte Entwicklungszyklus vollständig abbilden.

Zum Video: Fahrversuche zum Hinterradabheben, gefilmt mit Hochgeschwindigkeitskamera

E-Bike-Versuchsträger mit Stützkonstruktion für ABS-Versuche

Mit dieser Entwicklungsumgebung wurde dann die Blockierschutzfunktion am Vorderrad sowie der Überschlagschutz über den Lenker modellbasiert als Prototyp entwickelt. Es steht ein fahrbarer E-Bike-Prototyp zur Verfügung, der mehrfach getestet wurde. Aus Sicherheitsgründen ist der Versuchsträger für bemannte Vorderradblockierversuche mit einer Stützkonstruktion ausgerüstet. Die ersten Funktionsversuche wurden – ebenfalls aus Sicherheitsgründen – zunächst mit einer unbemannten Dreiradkonstruktion mit einem Dummy durchgeführt.

 

Zum Video: E-Bike-Versuchsträger mit Stützkonstruktion für ABS-Versuche

Vorteil dieser selbst entwickelten Technik ist das fast unveränderte Massenträgheitsmoment um die Überschlagachse sowie die Stabilität beim Beschleunigen und Wiederaufsetzen nach dem Abheben. Anschließend wurde die Funktion „Überschlagverhinderer“ auch im bemannten Fahrversuch getestet.

Zum Video: Überschlagsverhinderer

Projektteam bei halbjährlichem Projekttreffen

Der große Aufgaben- und Themenumfang konnte nur mit einem interdisziplinären Team

bewältigt werden, in dem Professoren, Mitarbeiter und über 50 Studierende aus den Bereichen Maschinenbau, Informations- und Gesundheitstechnik, Mechatronik sowie Marktforschung (Thema Unfallforschung) eng und sehr konstruktiv mit den Industriepartnern und dem Institut für Mobile Systeme zusammenarbeiteten.

Eine ganze Reihe von auch internationalen Vorträgen und Veröffentlichungen in Fachjournals sorgen für eine umfassende Dokumentation. Die kooperative Promotion am Institut für Mobile Systeme der Uni Magdeburg steht kurz vor dem Abschluss.

Um das aufgebaute KnowHow zu erhalten und zu erweitern, laufen Bestrebungen, im Bereich der Fahrdynamik von eBikes weitere Forschungsvorhaben zu realisieren.