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Lean Empowerment: Lean in den Dimensionen Prozesse, Menschen, Führung und Kultur

Prof. Dr. Frank Bertagnolli

Auch zum letzten Vortrag der Ringvorlesungsreihe im Sommersemester 2020 fanden sich wieder rund 70 Zuhörer*innen im virtuellen Hörsaal ein und wurden von Professor Claus Lang-Koetz begrüßt. Die Co-Moderation übernahm dieses Mal Marlene Preiß, die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Industrial Ecology (INEC) ist und die Organisation der Ringvorlesung unterstützt. Referent des Abends war Professor Frank Bertagnolli, der ebenfalls an der Hochschule Pforzheim tätig ist. Frank Bertagnolli ließ das Publikum in seinem Vortrag an den Ergebnissen seines Forschungssemesters teilhaben, in dem er sich intensiv mit Lean Empowerment befasst hat. Er hielt einen kreativen und spannenden Vortrag, der ohne eine einzige PowerPoint-Folie auskam und die Zuhörer*innen mittels kleiner Umfragen immer wieder aktiv einband.

Von Management zu Empowerment

Zu Beginn erläuterte Frank Bertagnolli was unter dem Begriff „Empowerment“ zu verstehen ist. Empowerment steht dafür Menschen zu befähigen sich selbst zu führen. Im 3-Stufen-Modell von Bertagnolli bildet Empowerment die oberste Stufe. Erhalten Mitarbeiter in der 1. Stufe, dem Management, noch strikte Vorgaben und Anweisungen, weichen diese in der 2. Stufe, dem Leadership, der Möglichkeit sich bei Bedarf Unterstützung zu holen. In der 3. Stufe dem Empowerment organisieren und führen sich die Mitarbeiter selbstständig. Die drei Stufen fasste Bertagnolli kurz und prägnant als kopieren, kapieren und kollaborieren zusammen.

Die 10 Verschwendungsarten oder von TIM WOOD zur TIMOR WOODS

In nächsten Schritt brachte Bertagnolli dem Publikum anhand des EFQM-Modell der European Foundation for Quality Management die vier Dimensionen Prozesse, Menschen, Führung und Kultur nahe, wobei der Fokus auf der Dimension Kultur lag. Das Modell beruht auf der Ansicht, das gute Ergebnisse zu zufriedenen Kunden führen was wiederum durch gute Prozesse erreicht wird. Gute Prozesse andererseits bedingen zufriedene Mitarbeiter, eine gute Führung und eine gute Kultur.

Die erste Dimension Prozesse ist innerhalb der Leanforschung sehr bekannt und damit verbundene Begriffe wie Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, Kaizen oder Kanban sind weit verbreitet. Innerhalb der Prozessdimension sind sieben Verschwendungsarten bekannt und von Interesse: Transport, Inventory, Movement, Waiting, Overproduction, Over-Engineering und Defects oder kurz TIM WOOD.

Erweitertet man die Betrachtung um die Dimension Mensch kommt eine achte Verschwendungsart hinzu: nicht genutztes Mitarbeiterpotenzial (Skills). Aus der Dimension Führung folgt dann mit Überführung, Kontrolle und Überwachung (Overcontrol) eine neunte Verschwendungsart.

Auch mit der vierten Dimension – der Kultur – die wie ein Kreis alle andere Dimensionen umfängt, kommt eine weitere Verschwendungsart hinzu und zwar Geringschätzung (Respectless). Erfahren Kunden und Mitarbeiter keine Wertschätzung wird man sie verlieren.

Werteset für Empowerment

Zum Abschluss des Vortrags ging Bertagnolli näher auf die Dimension Kultur ein und stellte ein Set an Werten vor, das für ein gute Kultur, in der die zehnte Verschwendungsart vermieden wird, benötigt wird. Für den Referenten umfasst das Werteset Beteiligung, Eigenverantwortung, Respekt, Transparenz, Anerkennung, Gemeinschaft, Netzwerk, Offenheit, Lernkultur, Liebe und Integrität (Merkwort Bertagnolli). In einem Umfeld, in dem diese Werte gelebt werden, werden Informationen geteilt, aus Fehlern gelernt, im Team gearbeitet, Mitarbeiter befähigt, geschätzt und gerecht behandelt.

Kultur verändern – eine Herkulesaufgabe

In der abschließenden Diskussion meldeten sich viele Zuhörer*innen sowohl live als auch im Chat zu Wort. Von Interesse waren die Wahl des Zeitpunkts eine Kulturveränderung anzustoßen oder auch die Frage, ob die Kultur wichtiger als die Strategie des Unternehmens ist. Aus Bewerberperspektive war von Interesse wie man feststellen kann, ob Werte im Unternehmen tatsächlich gelebt werden oder nur leere Worthülsen sind. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Veränderung einer Kultur eine äußerst schwierige Aufgabe ist. Ein Zuhörer fasste treffend zusammen, dass man eine Kultur nicht einfach umsetzen kann, weil sie eben das ist was geschieht, wenn es keine Anweisung gibt.

Die Ringvorlesung verabschiedet sich damit in die Sommerpause. Es wird aber schon an einem spannenden Programm für das kommende Semester gearbeitet. Weitere Informationen gibt es dann wie immer auf unserer Website.