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Studium Generale: Tiefe Einblicke in die Denkweise der Amerikaner*innen

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Arthur Landwehr berichtet über gesellschaftliche Spaltung der USA

Arthur Landwehr veranschaulichte anhand zahlreicher Beispiele die Zerrissenheit der USA und gab dabei tiefe Einblicke in Trumps Wählerschaft. Fotos: Cornelia Kamper / Hochschule Pforzheim

„Ich glaube, das ist das größte Publikum, vor dem ich bisher sprechen durfte.“, freute sich der renommierte Journalist und USA-Experte Arthur Landwehr im vollbesetzten Audimax der Hochschule Pforzheim. Im Rahmen der Vortragsreihe Studium Generale hat der ehemalige Washington-Korrespondent der ARD am Mittwochabend über die aktuellen Entwicklungen der US-Wahl gesprochen und interessante Einblicke in die Wählerschaft von Donald Trump gegeben. Dabei offenbarte Landwehr die gesellschaftliche Spaltung im Land anhand zahlreicher konkreter Beispiele.

Ein Kopf an Kopf Rennen

Die Umfragen zeigten derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump. „Niemand, der sich ernsthaft mit der Materie beschäftigt, kann eine verlässliche Prognose für den Wahlausgang abgeben.“, so Landwehr. Er schilderte die klaren Trennlinien zwischen verschiedenen Wählergruppen: Während Frauen und junge Menschen in den Städten überwiegend Harris unterstützen, stünden vor allem Männer und Menschen auf dem Land hinter Trump. Auch bemerkenswert sei der wachsende Anteil von Afroamerikanern und hispanischen Wähler*innen, die Trump ihre Stimme geben wollen – trotz seiner umstrittenen Politik.

Identität im Fokus: „Es geht nicht mehr nur darum, was ich will, sondern wer ich bin“

„Es geht bei dieser Wahl um weit mehr als nur zwei Kandidaten, es geht um die eigene Identität“, erklärte Landwehr. Themen wie die Rolle des Staates, die Definition von Geschlecht und Familie sowie die historische Aufarbeitung der Sklaverei spalten das Land tief. „Das sind Themen, da gibt es keinen Kompromiss. So z.B. die Frage was ist eine Waffe? Ist eine Waffe eine Möglichkeit meine Freiheit zum Ausdruck zu bringen oder etwas, was die amerikanische Gesellschaft gefährdet?“. Und damit ginge es bei dieser Wahl um mehr als Wirtschaftspolitik, Inflation oder Migration: „Es geht um die Identität, darum was es heißt ein wahrer Amerikaner zu sein und von welchem Amerika wir in Zukunft erzählen wollen.“, betonte der Experte. Die Polarisierung führe in den USA dazu, dass politische Meinungsverschiedenheiten häufig nicht mehr überwunden werden können – ganze 11 % der Amerikaner*innen hätten aufgrund politischer Überzeugungen sogar eine romantische Beziehung beendet, erzählt Landwehr und fragt das Publikum: „Würden Sie sich von Ihrem Partner trennen, wenn er oder sie die AfD wählt?“ 

 

Erfolgreicher Start ins Studium Generale: Der Journalist Arthur Landwehr (2. v.r.), hier mit den Professorinnen Frauke Sander (rechts), Nadine Walter und dem Rektor der Hochschule, Ulrich Jautz, freute sich über das große Publikum im Audimax.

„Trump ist nicht das Problem, er ist das Symptom“

Ein Schwerpunkt des Vortrags war die Analyse der Wähler*innen von Donald Trump und den Republikanern. Landwehr betonte, dass Trump als Symptom tieferer gesellschaftlicher Probleme gesehen werden müsste. Viele seiner Anhänger*innen fühlten sich von der Globalisierung abgehängt, insbesondere in ländlichen Regionen. „Donald Trump hat es geschafft, diesen Menschen ein Gefühl von Anerkennung und Ehre zurückzugeben“, konnte Arthur Landwehr bei seinen Gesprächen mit Menschen überall in den USA feststellen. Diese Wähler*innen schätzen Trump, weil er ihre Themen wie illegale Einwanderung und Handelsabkommen aufgegriffen habe. Landwehr zitierte dazu einen Anhänger Trumps: „Er ist der einzige Politiker, der uns noch nie belogen hat“ – obwohl laut der Washington Post während seiner ersten Amtszeit rund 30.000 Falschaussagen dokumentiert wurden. Aber darum ginge es seinen Anhängern nicht. Nach dem Motto „man muss Donald Trump nicht wörtlich, aber ernst nehmen“ wäre für seine Wähler*innen vielmehr relevant, dass sie sähen, dass seinen Wahlversprechen Taten folgen. „Er hat vor der Wahl gesagt, er werde etwas gegen die illegale Einwanderung tun und dann ist er hingegangen und hat angefangen diese Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen“, verdeutlichte Landwehr.

Der Experte gab zudem einige Ausblicke auf den Wahlabend sowie einen möglichen weiteren Verlauf und warnte vor der sogenannten „roten Fata Morgana“: Die vorläufige Auszählung der Stimmen aus den Wahllokalen könnte auch bei dieser Wahl anfangs für einen Wahlsieg Trumps sprechen. Die später dazugezählten Briefwahlstimmen, die in der Regel eher den demokratischen Wähler*innen zugeschrieben werden, haben jedoch das Potenzial den Ausschlag für den Sieg von Harris zu geben. Die tiefe Spaltung der USA sei eine echte Herausforderung und nur durch eine drohende Gefahr oder durch besonders charismatische Kandidat*innen zu überwinden: „Weder Trump noch Kamala Harris können meiner Meinung nach das Volk wieder zusammenzubringen“, zieht Arthur Landwehr das Fazit des Abends.  

Nach dem Vortrag entwickelte sich eine lebhafte Fragerunde, bei der die Zuschauer*innen rege von der Möglichkeit Gebrauch machten, ihre Fragen an den Journalisten zu richten. Die intensive Teilnahme des Publikums spiegelte das große Interesse am Thema wider.

Am 6. November setzt das Studium Generale sein Programm fort. Zu Gast wird Thilo Bode sein, ehemaliger Geschäftsführer von Greenpeace und Gründer der Verbraucherorganisation Foodwatch. Er berichtet über die Verbrauchersouveränität im Supermarkt und wird die wichtigsten Lebensmittel und das Verhalten vieler Lebensmittelkonzerne einem kritischen Qualitätscheck unterziehen.