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Melitta Baumeister zu Gast an der Fakultät für Gestaltung

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Zwischen Kunst und Kommerz: Einblicke in die Geschichte einer Marke

Von Pforzheim nach New York City, vom Schlafzimmer zum eigenen Studio: Mit ihren avantgardistischen und skulpturalen Kreationen hat sich Melitta Baumeister als Designerin einen Namen gemacht. Ihr Bachelor-Studium in Mode schloss sie in Pforzheim ab. Am 5. Oktober kam sie für einen Vortrag der Artefakte-Reihe zurück an die Fakultät, gemeinsam mit ihrem Partner und Co-Designer Michal Plata.

„Es werden einige englische Wörter kommen“, warnte Michal Plata das Publikum zu Beginn selbstironisch, nachdem er und Melitta Baumeister schon vom shrinkenden Garment District und von Sustainability gesprochen hatten. 2013 hat Baumeister ihr Modelabel in New York City gegründet. Bekanntheit erlangte sie, als Rihanna eine Jacke aus ihrer ersten Kollektion bei einer Show von Comme des Garçons trug. Deren Stylist wurde bei Baumeisters erster Modenschau auf sie aufmerksam und fragte die Entwürfe an. „Ich werde oft gefragt, wie man eine Brand anfängt. Bei mir hat sie sich selbst angefangen“, blickte Baumeister zurück. Ab dann ging alles ganz schnell: Dover Street Market kaufte die Kollektion für seine Stores, Baumeister begann mit der Produktion. Ohne Netzwerk, ohne Berufserfahrung, direkt nach ihrem Master-Abschluss. Auch ein Studio hatte sie noch nicht und funktionierte ihr Zimmer um, schmiss das Bett für einen Tisch raus, an dem sie die Kollektion herstellte.

Mittlerweile produzieren Baumeister und Michal Plata, der in Transportation Design ebenfalls in Pforzheim graduierte, in ihrem eigenen Studio in Long Island City. Gemeinsam mit vier Mitarbeitenden sowie Praktikant*innen entstehen dort Saison für Saison die ausgefallenen Looks der Brand. Dabei steht das Baumeister-Studio für selfmade: Von der Idee über das Experimentieren bis hin zum Fitting findet hier der ganze Schaffensprozess statt. Auch ein Grund, weshalb Baumeister und Plata trotz der hohen Lebenshaltungskosten in der Metropole bleiben: In unmittelbarer Nähe des Garment District können sie in New York City lokal produzieren.

Mit eindrucksvollen Bildern aus den Lookbooks der letzten Jahre gab das Designer*innen-Duo einen Einblick in die Stilgeschichte des Labels. Aus Silikon gegossene Sweater, Bananen als Handtaschen, Red-Carpet-Outfits in der U-Bahn oder Lockdown-inspirierte Designs während der Covid-Pandemie, bei der Kleidung und Möbel scheinbar verschmelzen. Die Formen sind bei Baumeister immer auffällig: „Form ist für uns fast wie ein Logo.“

In einer offenen Diskussionsrunde im Anschluss stellten Studierende, Lehrende und andere Gäste viele neugierige Fragen. Woher sie ihre Stoffe bekommen, warum Plata der Automobilindustrie den Rücken gekehrt hat oder wie sich Luxuskritik mit hochpreisiger Mode vereinen lässt. Und: wie es dem Designer-Duo mental geht. Baumeister und Plata erzählen von 14-Stunden-Arbeitstagen und dass der letzte gemeinsame Urlaub acht Jahre zurückliegt. „Aber wir lieben es!“, machen sie deutlich.

Foto: Petra Jaschke