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Öko ist teuer! Oder?

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Renommierte Marktforscher und Umweltwissenschaftler diskutierten über ökologischen Konsum

Marktforschungsexperten und Umweltwissenschaftler diskutierten in einem Workshop in Pforzheim mit 40 Fachleuten aus Wirtschaft und Wissenschaft über ökologischen Konsum. V.l.n.r.: Die Referenten des Workshops Prof. Hans-Willi Schroiff, Dr. Mathias Bauer, Andrea Moser, Prof. Mario Schmidt, Prof. Christa Wehner, Prof. Raimund Wildner, Benjamin Held und Dr. Christian Haubach.

Renommierte Marktforscher und Umweltwissenschaftler diskutierten über ökologischen Konsum

Marktforschungsexperten und Umweltwissenschaftler diskutierten in einem Workshop in Pforzheim mit 40 Fachleuten aus Wirtschaft und Wissenschaft über ökologischen Konsum. V.l.n.r.: Die Referenten des Workshops Prof. Hans-Willi Schroiff, Dr. Mathias Bauer, Andrea Moser, Prof. Mario Schmidt, Prof. Christa Wehner, Prof. Raimund Wildner, Benjamin Held und Dr. Christian Haubach.

 

 

 

Ökologische Produkte gibt es inzwischen viele, vom Energiespar-Kühlschrank über das Super-Öko-Waschpulver bis zur Biowurst. Trotzdem nutzen die Verbraucher diese Angebote nicht so, wie Hersteller und Handel sich das erhoffen. Was sind die Gründe dafür? Dieser Frage stellten sich jetzt hochrangige Umwelt- und Marktforschungsexperten bei einem Workshop am Institut für Industrial Ecology (INEC) der Hochschule Pforzheim.

Dr. Mathias Bauer von der Firma BioVista wies darauf hin, dass Bioläden derzeit verhältnismäßig große Zuwachsraten beim Umsatz haben. In den vergangenen 10 Jahren haben sie ihren Marktanteil fast verdoppelt. Aber insgesamt liegt der Marktanteil bei schwachen 4 Prozent – und das sei im europäischen Vergleich noch gut, meinte Professor Raimund Wildner, Vizepräsident des GfK-Vereins aus Nürnberg, des renommiertesten Marktforschungsinstituts in Deutschland. Umwelt gehöre schon lange nicht mehr zu den wichtigsten Themen, die die Menschen bewegen. Dabei führt Deutschland die Liste mit dem größten Umweltbewusstsein im internationalen Vergleich noch an – neben Schweden. In Ländern wie in Italien, Polen oder gar Spanien stehen dagegen andere Probleme im Vordergrund.

Wildner wusste aus seinen Statistiken zu berichten, dass Bildung und Einkommen die stärksten Einflussfaktoren auf ökologisches Kaufverhalten sind. In den vergangenen Jahren habe man daraus die Gruppe der so genannten LOHAS-Verbraucher konstruiert; die Abkürzung steht für Lifestyle of Health and Sustainability. „Völlig überschätzt“, meinte ein anderes Schwergewicht der deutschen Marktforschung, Professor Hans-Willi Schroiff, lange Zeit zuständig für die Marktforschung beim Chemieunternehmen Henkel. Er berichtete von neuen ökologischen Produkten, die genau auf diese Verbrauchergruppe zugeschnitten waren und am Markt trotzdem floppten. LOHAS, das sei in den vergangenen Jahren ein „hyped weak signal“ gewesen, also eine Strömung, die von Wissenschaft und Medien hochgeschrieben wurde, aber als Ankerthema für neue und ökologischere Produktstrategien nicht ausreicht.

GfK-Experte Wildner wies darauf hin, wie wichtig eine seriöse Strategie der Hersteller sei, wenn sie mit Öko-Produkten punkten wollen. Zum Beispiel haben Unternehmen, die sowohl umweltfreundliche als auch herkömmliche Produkte herstellen, beim Verbraucher eher ein Glaubwürdigkeitsproblem. Für die Unternehmen wiederrum hat „Öko“ nur in Teilmärkten der EU eine Relevanz und spielt in vielen Ländern überhaupt keine Rolle. Aber viele Produkte werden heutzutage für Weltmärkte konzipiert.

Die Zahlungsbereitschaft sei immer noch der Hauptfaktor bei der Kaufentscheidung ökologischer Produkte. Darauf verwies Andrea Moser, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Pforzheimer INEC und derzeit mit einem Projekt befasst, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. Sie wertet derzeit die Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus, die das Verbraucherverhalten anhand einer Stichprobe von 30.000 Haushalten seit Jahrzehnten beobachtet.

In einem anderen vom Bund geförderten Projekt berechnen die INEC-Forscher Dr. Christian Haubach und Benjamin Held, was „Öko“ den Verbraucher eigentlich kostet. Im Lebensmittel und Getränkebereich können sie aus ihrer umfangreichen Analyse bereits ableiten, dass es über 70 Prozent teurer wäre, würde der Durchschnittshaushalt statt der herkömmlichen Lebensmittel überall auf Bio-Produkte umsteigen.

Ist „Öko“ also nur etwas für Reiche? Die Diskussion hierzu war spannend. Der Heidelberger Volkswirt Professor Hans Diefenbacher wies darauf hin, dass ein umweltbewusstes Verhalten diese Mehrkosten erheblich senken könnte, z.B. durch geringeren Fleischkonsum oder wenn man die Marmelade wieder selbst kocht. Denn Marmelade, Honig usw. kommt auch aus einem teuren Produktsegment, hier ließe sich Geld einsparen. Verblüfft waren alle, als GfK-Experte Wildner aus seinen umfangreichen Statistiken präsentierte, dass nicht nur die Gebildeten und Reichen am ehesten „Öko“ kaufen, sondern auch die Menschen mit geringer formaler Bildung und niedrigem Einkommen.

Einig waren sich die Experten, dass „Öko“ nur dann eine Chance habe, wenn den Verbrauchern deutlich gemacht werde, welchen Nutzen und Mehrwert sie durch die ökologischen Produkte haben. Gelungen sei das übrigens bei der weißen Ware, also Waschmaschinen und Kühlschränke. Selbst Geräte mit höherem Anschaffungspreis seien bei den Verbrauchern beliebt; durch jahrlange Aufklärungsarbeit und Öko-Label sei inzwischen bekannt, dass die Mehrkosten durch niedrigere Energiepreise wieder wettgemacht werden. Der zusätzliche Nutzen durch die ökologische Produktalternative müsse aber auch in anderen Produktbereichen besser kommuniziert werden.