Internet Explorer wird nicht mehr unterstützt.

Kritische Rohstoffe für E-Mobilität – Herausforderungen und Lösungsansätze

Aline Hendrich (thinkstep AG, li.) und Prof. Dr. Mario Schmidt (INEC, re.)

Kritische Rohstoffe für E-Mobilität – Herausforderungen und Lösungsansätze

Mit Aline Hendrich, die als Analystin bei der thinkstep AG (jetzt Sphera) arbeitet, war am 9. Januar eine Absolventin des Studiengangs Ressourceneffizienzmanagement zu Gast in der Ringvorlesung. Im Rahmen ihres Vortrags stellte sie den Zuhörern die Studie „Rohstoffe für innovative Fahrzeugtechnologien – Herausforderungen und Lösungsansätze“ vor, die sie mitverantwortet hat. Der Vortrag zeichnete sich insbesondere durch seine Interaktivität aus, indem die Referentin nach Vorstellung der einzelnen Kapitel immer wieder mit dem Publikum in Diskussion trat.

Fahrzeugtechnologien und Rohstoffe

In der Studie wurden die für batterieelektrische und brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge kritischen Rohstoffe betrachtet. Diese wurden im ersten Schritt mittels des Ansatzes der Kritikalität identifiziert. Hierfür wurden die Folgenschwere eines Versorgungsengpasses basierend auf Experteninterviews und das Versorgungsrisiko basierend auf fünf Indikatoren der VDI 4800 für die benötigten Rohstoffe gegenübergestellt. Lithium, Kobalt und Platin erwiesen sich daraufhin als besonders kritisch. Zusätzlich wurden Nickel, Kupfer und Seltenerdmetalle in der Studie untersucht.

Von Abbau und Reserven bis zu ethischen Aspekten

Zunächst skizzierte die Referentin die weltweite Entwicklung von Abbau und Reserven für die einzelnen sechs Rohstoffe. Die maximale Abbausteigerung wird hier für Kobalt verzeichnet. Hinsichtlich Preisen und Kosten wurden die Kostenbeiträge der einzelnen Rohstoffe auf Fahrzeugebene erhoben. Hier sind insbesondere die Preissteigerungen bei Lithium zwischen 2016-2018 nennenswert. Für die ökologische Betrachtung der Fahrzeugtechnologien wurden die notwendigen Mengen der sechs Rohstoffe mittels der GaBi-Datenbank bilanziert. Bei batterieelektrischen Fahrzeugen haben von den betrachteten sechs Rohstoffen Kobalt und Nickel großen Anteil an den Umweltwirkungen, während bei brennstoffzellenelektrischen Fahrzeugen Platin ausschlaggebend ist. Ein Gedankenexperiment, den Strombedarf der Rohstoffbereitstellung auf Windenergie umzustellen, würde sich insbesondere positiv auf die Umweltwirkungen von Kobalt, Kupfer, Nickel und Platin auswirken.

Betrachtet man das Recycling der untersuchten Rohstoffe, zeigt sich ein großer Bedarf an Sammelsystemen, Kapazitäten für Batterierecycling, Brennstoffzellenrecycling und Recycling von Permanentmagneten. Grundsätzlich sind aber Recyclingprozesse vorhanden, wenn auch teilweise bisher nicht skalierbar. Hier entstanden im Publikum Diskussionen darüber, ob Subventionen eingesetzt werden sollten.

Neben ökonomischen und ökologischen Aspekten sind die ethischen Komponenten der Rohstoffe bzw. ihrer Abbaugebiete nicht zu vernachlässigen. Die Studie betrachtet dabei die Arbeitsbedingungen, die Wahrung der Grundrechte, politische Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Beiträge der Abbaugesellschaften und Umweltwirkungen. Die Zuhörer interessierten sich hier insbesondere für Zertifizierungsinitiativen. Es wurde auch deutlich, dass die Thematik der Rohstoffherkunft bei der bisherigen Automobilproduktion keine entscheidende Rolle gespielt hat.

Ein Zeitproblem – kein Reservenproblem

Zum Ende hin präsentierte Frau Hendrich zwei Szenarien. Szenario 1 nimmt einen Anteil von 25 % an batterieelektrischen bzw. brennstoffzellenelektrischen Fahrzeugen an der gesamten globalen PKW-Flotte an. Dieses Szenario ist aus Reservensicht nicht kritisch. Sollen hingegen, wie in Szenario 2, 25 % der Anzahl jährlich produzierter PKWs durch batterieelektrische bzw. brennstoffzellenelektrische Fahrzeugen ersetzt werden, lassen sich die notwendigen Mengen nicht innerhalb eines Jahres bereitstellen. Das Problem ist also nicht eine physische Verknappung, sondern die benötigte Zeit zur Steigerung der Abbaumengen. Schließlich nimmt der Aufbau neuer Abbaugebiete mehrere Jahre in Anspruch.

Herausforderungen in Angriff nehmen

Die abschließenden Handlungsempfehlungen umfassten eine Reduktion der Rohstoffabhängigkeit, Kooperation zwischen verarbeitenden Industrie und Rohstoffanbieter, Kooperation zwischen verarbeitenden Industrie und Recyclingunternehmen, politische Maßnahmen zum Schließen der Stoffkreisläufe, positive Gestaltung der Lieferketten von Primärrohstoffen, ganzheitliche Betrachtung zur Gestaltung des regulatorischen Rahmens sowie Information und Bewusstsein der Bevölkerung.

Der Vortrag mündete in eine angeregte und vielseitige Diskussion der Zuhörer untereinander und mit der Referentin.