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Technologie-Trends in der Medizintechnik & in den Life Sciences

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Dr. Gerd Lüdke, Prodekan Prof. Dr. Martin Pfeiffer, Dr. Jürgen Blattner, Prof. Dr. Tobias Preckel (v.l.n.r.) Dr. Thomas A. Schild war kurzfristig verhindert

Hinter dem wohlklingenden englischen Begriff der „Life Sciences“ versteckt sich eigentlich nichts anderes als eine Mischung der Wissenschaften Biologie und Chemie. Medizintechnik klingt zwar weniger spektakulär oder modern, doch der Schein trügt: Medizintechnik ist alles andere als eine langweilige Branche. Sie vereint Ingenieurwesen mit Medizin, um so die Lebensqualität kranker Menschen langfristig verbessern zu können und Krankheiten durch Präventionsmaßnahmen frühzeitig zu verhindern. Womit wir beim Thema der Veranstaltung „Technologie-Trends in der Medizintechnik & in den Life Sciences“ vom 02. Dezember 2021 der Reihe „Industrie trifft Hochschule“ der Hochschule Pforzheim und der Clusterinitiative „Hochform“ des Wirtschafts- und Stadtmarketings Pforzheim sind.

Das Vortrags-Programm hatte das Ziel, auf der Basis neuster Anwendungen, zu beleuchten, welche Technologien unsere Gesundheit verbessern.

Wir sehen in der Medizintechnik drei wesentliche Bereiche in denen technische Fortschritte zum Wohle der Patienten gemacht werden.
Dies sind zum einen Fortschritte in der Präzisionstechnik die sich in der Miniaturisierung, Automatisierung und bei optischen Technologien zeigen. Zum anderen sind dies die großen Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Schließlich sehen wir aber auch die Molekularisierung der Medizin, d.h. Fortschritte in der Gentechnik, Medikamentenentwicklung und molekularen Diagnostik.
Das Programm der Veranstaltung bildete einige dieser Aspekte ab.

„Unsere Fakultät für Technik und insbesondere der Studiengang Medizintechnik repräsentieren mit Schwerpunkten in den Materialwissenschaften, Informatik, Gerätetechnik, Medizintechnik genau die angesprochenen Wachstumsbereiche. Wir verstehen unsere Rolle neben der Ausbildung von Fachkräften auch insbesondere als Schnittstelle zur Industrie“, so Dr. Tobias Preckel, Professor im Studiengang Medizintechnik.

An dieser Stelle ist die besondere Rolle der Medizintechnik und Biotechnologie in Baden-Württemberg hervorzuheben. Es sind mehr als 1000 Unternehmen in der Medizintechnik und Biotechnologie (Pharmazeut. Industrie nicht eingerechnet) ansässig, die mit rund 70.000 Angestellten in 2019 einen Umsatz von mehr als 18 Mrd. Euro erwirtschafteten. Sie leisten durch ihre Forschung und Produkte wichtige Beiträge bei der Heilung und beim Schutz vor Krankheiten. Dabei sorgen immer mehr zunehmende regulatorische Anforderungen bei der Herstellung von Medizinprodukten (Normen, Reinraumtechnik) für wachsende Herausforderungen. Und auch hier sind es neben den medizinischen Herausforderungen vor allem technologische Innovationen, die für anhaltend hohes Wachstum in diesen Branchen sorgen.

Der Einsatz intelligenter Technologien ermöglicht eine schnellere und genauere Datenanalyse und umsetzbare Erkenntnisse für Forscher und Entwickler, die zur Entwicklung neuer und verbesserter Gesundheitsprodukte führen. Dies zeigt sich in den innovativen Trends unter anderem in der Molekulardiagnostik. Die Identifizierung neuer Forschungsbereiche, die Verbesserung bestehender Produkte, neuer und genauerer Diagnosegeräte und -produkte stehen dabei im Mittelpunkt.
Die molekulare Diagnostik ermöglicht die Detektion und Quantifizierung von Biomolekülen in einer Patientenprobe, die einen messbaren Indikator für einen biologischen Prozess, z.B. den Schweregrad einer Erkrankung oder die Gegenwart eines Infektionserregers, darstellen. Dr. Gerd Lüdke, Director Innovation, Technology & IP bei der Curetis GmbH in Holzgerlingen, stellte in seinem Vortrag einen neuartigen auf einer Kombination von Mikrofluidik, optischer Detektion und molekularbiologischen Methoden basierenden Geräteansatz vor. Dieser erlaubt die Entwicklung und den Einsatz verschiedener Panels zur Detektion von Antibiotikaresistenzen bei bakteriellen Keimen. „Die Resistenzen auf verschiedene Antibiotika steigen zunehmend bedrohlich an. Klar ist, hier kann kein neues Medikament Abhilfe schaffen, sondern das Problem muss technisch gelöst werden“, so Dr. Lüdke. Verlässliche Diagnostikpanels müssen entwickelt werden, die eine genaue Analyse und Auswertung der Keimlast sowie der Resistenzen zulassen. Die Vorteile von schneller Molekulardiagnostik insbesondere bei schweren Infektionen liegen vor allem in der Reduktion der Zeit zwischen Probennahme und Ergebnis. Je schneller verlässliche Ergebnisse vorliegen, desto eher kann mit einer gezielten Therapie begonnen werden, die dann eine verbesserte Erfolgschance hat.

Reinräume sind uns aus der Halbleiterfertigung bekannt. Aber auch in der medizintechnischen Produktion ist zur Herstellung steriler oder „sauberer“ Teile und Komponenten die Produktion in einem Reinraum unerlässlich. Nur in einer streng kontrollierten, hochreinen Umgebung können hochsensible Fertigungsprozesse unter staub- und nahezu keimfreien Bedingungen ablaufen. Reinraumtechnik reduziert die Anzahl luftgetragener Partikel und Keime und ermöglicht so erst die Herstellung „sauberer“ Medizinprodukte, wie z.B. Medikamente, Stents oder Impfstoffe. „Dies ist nicht nur unbedingt notwendig für zertifiziertes Arbeiten in der Medizin- und Reinraumtechnik, sondern auch vom Gesetzgeber vorgeschrieben“, so Dr. Jürgen Blattner, BSR Ingenieur-Büro, Oberhausen-Rheinhessen. Der Reinraum-Belüftung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Um in hochsensiblen Umgebungen jederzeit die benötigte Luftreinheit und Luftqualität zu gewährleisten, muss die lufttechnische Anlage ebenfalls höchsten Ansprüchen genügen und sowohl im Teil- als auch im Volllastbetrieb absolut zuverlässig, störungsfrei und ausfallsicher arbeiten. Nach Qualifizierung der Reinräume gemäß den zuvor aufgeführten Klassen werden die Umgebungsbedingungen in festgelegten Zyklen kontinuierlich überwacht und dokumentiert. Hier kommt Partikelmessgeräten und Luftkeimsammlern besondere Bedeutung bei der Messtechnik zu. Nur so ist es in Kombination mit der entsprechenden Personal- und Oberflächenhygiene möglich, hygienisch einwandfreie und qualitativ hochwertige Medizinprodukte sowie Komponenten herzustellen.

Nächste Veranstaltungstermine der Reihe:

Donnerstag, 17. März 2022
„Was ist sauber? Analytik im Bereich der Medizintechnik“ | Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Biehl;
Prof. Dr. Tobias Preckel

Donnerstag, 02. Juni 2022
„Additive Herstellung von präzisen Klein- und Mikrobauteilen“ | Prof. Dr.-Ing. Carlo Burkhardt

Donnerstag, 27. Oktober 2022
"Circular Economy – Chance für Innovationen in Mittelstand und Industrie" | Prof. Dr.-Ing. Claus Lang-Koetz;
Prof. Dr.-Ing. Jörg Woidasky

Donnerstag, 01. Dezember 2022
"Digitaler Zwilling und Industrie 4.0 Verwaltungsschale" | Prof. Dr.-Ing. Mike Barth; Prof. Dr.-Ing. Rainer Drath