New Work“: Auf dem Weg zu einer sinnstiftenden Arbeitswelt
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Im Rahmen des Studium Generale an der Hochschule Pforzheim hielt Prof. Dr. Anja Schmitz, Expertin für Personalmanagement und Organisationsentwicklung, einen aufschlussreichen Vortrag zum Thema „Was ist ‚New Work‘?“. Die Veranstaltung zog Studierende und Gäste aus der Region in den Audimax sowie zahlreiche Zuschauer im Livestream an.
Professorin Dr. Frauke Sander eröffnete die Veranstaltung mit eindrucksvollen Zahlen, die die hohe Bedeutung der Arbeit für den Einzelnen und für die Gesellschaft verdeutlichen. „Wir verbringen insgesamt knapp neun Jahre unserer Lebenszeit mit Arbeit, kein Wunder sind Arbeitszufriedenheit und Lebenszufriedenheit so eng miteinander verwoben“, betonte sie. „Im vergangenen Jahr haben allerdings nur 31% der Arbeitnehmer in der repräsentativen „Jobstudie“ angegeben, dass sie vollkommen zufrieden sind […]. Ein wesentlicher Treiber dieser Zufriedenheit liegt darin, wie wir Arbeitsatmosphäre und Arbeitsumfeld gestalten – und genau da setzt das Thema New Work an“. Mit diesen einleitenden Worten übergab die Organisatorin des Studium Generale an Professorin Dr. Anja Schmitz.
Schmitz begann ihren Vortrag mit einer historischen Einordnung des Begriffs „New Work“, der zwar gerade in den letzten Jahren besonders im Fokus stand, eigentlich aber gar nicht so neu ist. Sie erklärte, dass das Konzept ursprünglich von Frithjof Bergmann entwickelt wurde, der das Ziel hatte, Arbeit zu einem erfüllenden und sinnstiftenden Teil des Lebens zu machen. Dies wurde im Zuge der industriellen Revolution notwendig, als in den 80er Jahren technologische Fortschritte und Automatisierungsprozesse zu einer großen Entlassungswelle geführt hatten. „Das Ziel von New Work ist es, den Menschen nicht nur als Arbeitskraft, sondern als kreativen und sinnerfüllenden Akteur in den Arbeitsprozess einzubeziehen“, sagte Professorin Dr. Anja Schmitz. Dabei würden drei Säulen eine wichtige Rolle spielen: Lohnarbeit, High-Tech Eigenproduktion, also das selbstständige Erarbeiten von Dingen, sowie Sinnerfüllung. Sie erläuterte, wie sich das Konzept von „New Work“ seit seinen Anfängen verändert hat, insbesondere im Kontext der digitalen Transformation und der fortschreitenden Automatisierung. „New Work ist weit mehr als nur eine moderne Arbeitsplatzgestaltung oder flexibles Arbeiten. Es ist ein tiefgreifender Ansatz, der Arbeit als eine Quelle von Sinn und Erfüllung neu definiert“, so die Expertin.
Die Herausforderungen der vierten industriellen Revolution
Mit der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung sind neue Herausforderungen für Unternehmen und ihre Führungskräfte entstanden. Schmitz betonte, dass Unternehmen nicht nur durch technologische Veränderungen, sondern auch durch die gestiegenen Erwartungen der Mitarbeiter*innen und Kund*innen herausgefordert werden. „Die Zukunft gehört den Unternehmen, die sich agil und anpassungsfähig zeigen. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um in einer dynamischen und globalisierten Welt zu bestehen“, erklärte sie. Im Laufe des Abends gab es einige konkrete Beispiele aus der Praxis, wie Unternehmen das Konzept von New Work erfolgreich implementieren. Dabei stellte sie fest, dass New Work ein ganzheitlicher Ansatz ist, der alle Aspekte einer Organisation umfasst: Struktur (Mitarbeitenden Freiheit ermöglichen und Experimentierräume eröffnen), Führung (Hierarchien abbauen und Selbstverantwortung fördern), Entwicklung (Menschen in Entwicklungsprozessen unterstützen und Lernen ermöglichen), Arbeitsgestaltung (Sinn stiften und fördern) sowie die soziale Verantwortung spielen eine Rolle. „New Work sieht in jeder Organisation anders aus, jede Organisation muss für sich ausloten, wie es funktionieren kann, denn es gibt kein allgemeingültiges Rezept“.
Professorin Anja Schmitz schloss ihren Vortrag mit einem kritischen Blick auf die derzeitige Umsetzung von „New Work“. Sie rekapitulierte, dass viele Unternehmen den Begriff „New Work“ häufig mit oberflächlichen Maßnahmen wie Tischkickern oder mobilem Arbeiten verknüpfen – eine gefährliche Banalisierung des Begriffs. „New Work ist mehr als das. Es geht um tiefgreifende Veränderungen in der Art und Weise, wie wir arbeiten“, so Schmitz. Sie zitierte den Sozialphilosophen Bergmann, der 2018 kritisch das Aussaß seiner Sozialutopie betrachtete: „Für viele ist New Work etwas, das Lohnarbeit ein bisschen reizvoller macht – es ist wie Lohnarbeit im Minirock.“ In dieser vereinfachten Form sei der Begriff inzwischen weitgehend verwässert.
Die Frage bleibt, wie sich „New Work“ weiterentwickeln wird. Laut Schmitz zeigt sich bisher ein schwacher Zusammenhang zwischen den eingeführten partizipativen Praktiken und dem Erfolg von Unternehmen. Viele Unternehmen setzen bislang vor allem Oberflächenmerkmale um. „Sind wir wirklich an den Kern vorgedrungen?“, fragte sie. Um langfristig positive Effekte zu erzielen, komme es auf die Wahrnehmung der Mitarbeitenden an: „Es geht um psychologisches Empowerment, um die Bedeutung der Arbeit, Selbstbestimmung und Einfluss auf die eigenen Aufgaben. Nur so können echte positive Veränderungen eintreten.“