Brauchen wir nicht eher Ressourceneffektivität?
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…fragte Frau Dr. Alexandra Wilde von der Robert Bosch GmbH beim REM-Kolloquium
Alexandra Wilde, Rohstoff-Expertin des Stuttgarter Weltmarktführers unter den Automobilzulieferern, wies darauf hin, dass Ressourceneffizienz zu Problemen führen kann, wenn man sie zu eng fasst. Zwar kann man Produkte immer weiter verkleinern und damit Material einsparen. Aber die Demontage für ein späteres Recycling wird damit immer schwieriger. Ein anderes Beispiel sei der Ersatz des teuren Goldes in Leiterplatinen durch Kupfer – auf den ersten Blick sinnvoll. Aber damit rentiert sich möglicherweise das Recycling der Leiterplatinen nicht mehr. Andere Materialien wie Zinn, Tellur oder Indium gehen damit auch verloren. Beim Goldrecycling wären sie noch rückgewonnen worden.
Was zählt ist also die Gesamtbilanz, Rohstoffe müssen in Kreisläufen geführt werden. Je hochwertiger das Recycling, z.B. durch ganze Bauteile, desto besser für die Umwelt, meinte Dr. Wilde. Die Firma Bosch schlägt diesen Weg teilweise schon ein, berichtete die Expertin im Ressourceneffizienz-Kolloquium der Hochschule Pforzheim. Durch die Wiederaufbereitung von gebrauchten Startern und Generatoren, also durch so genanntes Remanufacturing, werden bei Bosch pro Jahr 2200 Tonnen Stahl, 440 Tonnen Aluminium und 240 Tonnen Kupfer eingespart. Außerdem rechne sich das auch ökonomisch – für das Unternehmen und für die Kunden.
Dr. Wilde, die gemeinsam mit dem Zentraleinkauf bei Bosch für das Rohstoff-Risikomanagement zuständig ist, betont, welche Bedeutung dem Thema zukommt. Bereits heute beschäftigt sich etwa die Hälfte aller Forschungs- und Entwicklungsprojekte bei Bosch direkt oder indirekt mit Fragen der Ressourceneffizienz. Immer häufiger versucht man bei der Entwicklung neuer Produkte auch abzuschätzen, welche Probleme bei der Rohstoffversorgung auftreten könnten. Es stellt sich dann die Frage, wie relevant ein Produkt bzw. die darin enthaltenen Materialien für das Unternehmen sind und welche Versorgungsrisiken für die Materialien auf den globalen Märkten in der Zukunft bestehen könnten.
Studiengangsleiter Professor Mario Schmidt begrüßte diese erweiterte Sichtweise einer Ressourceneffizienz und wies darauf hin, dass der Verein Deutscher Ingenieure mit seiner neuen Richtlinie VDI 4800 den Begriff der Ressourceneffizienz genau in diesem Sinne definiert: nämlich die übergreifende Schonung natürlicher Ressourcen. Hierbei gehe es keineswegs nur um eine rein betriebliche Sichtweise, sondern man versuche, entlang des gesamten Lebensweges von Produkten ressourceneffizient zu sein – das wäre also schon fast eine Art Ressourceneffektivität.
Dr. Wilde wies auch darauf hin, dass für eine stärkere Förderung der Kreislaufwirtschaft die Sekundärrohstoffe leider noch viel zu teuer seien und sich an den Preisen der Primärrohstoffe orientieren. Dies müsse sich ändern. In der Diskussion wurde angesprochen, dass dies auch damit zusammenhängt, dass die Primärförderung von Rohstoffen häufig in Entwicklungsländern mit niedrigen Energiepreisen erfolgt. Dagegen werden die Sekundärmaterialien in Industrieländern wie Deutschland mit deutlich teureren Energiepreisen aufgearbeitet. Ohne diese energieintensiven Prozesse sei aber nun mal eine Kreislaufwirtschaft nicht möglich, und sie seien immer noch besser als der Einsatz von Primärrohstoffen.