Fünf Fragen an ...
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Sie arbeiten heute bei Westfalia Technologies, Inc. Vom Studium in den Beruf, beschreiben Sie uns Ihren Weg.
Mein Bildungsweg war eher kurvenreich, um ehrlich zu sein. Im Gymnasium war ich nicht dafür bekannt, der Fleißigste zu sein. Wahnwitzigerweise entschied ich mich damals auch noch für Mathe und Physik als Leistungskurse. Ich war vielleicht nicht auf die Schule konzentriert, hatte aber stets eine Liebe zur Technik und Wissenschaft, und wusste früh, dass ich Ingenieur werden wollte. Ich versuchte zunächst mein Glück an der Uni Stuttgart, aber dort war es mir zu akademisch – ich wollte mein Wissen anwenden und konnte es nicht. Dennoch bin ich froh über die Zeit dort, da ich strenges wissenschaftliches Arbeiten und viele Grundlagen erlernen durfte.
Dank reger Unterstützung der Professoren und Administration des Fachbereiches Technik war es mir dann möglich, quer in den bereits laufenden Lehrbetrieb des allerersten Studienjahrganges Maschinenbau einzusteigen.
Parallel zum Studium hatte ich damals einen Mentor, der mir von Anfang an Konstruktionsaufträge als Freiberufler zuspielte. Diese erlaubten mir, das Gelernte mit Praxiswissen zu ergänzen und in der Realität einzuordnen. Zusammen mit den an der HS Pforzheim erforderlichen Praxissemestern und Laboren fühlte ich mich dadurch sehr gut auf meinen Berufsweg vorbereitet.
Durch ein Praktikum bei der Fraunhofer Gesellschaft und eine Ausgründung in ein Start-Up driftete ich zunächst für einige Jahre in die Software- und Prozessberatung, wollte dann aber in der Industrie mein Fach- und Praxiswissen weiter vertiefen. Während meiner Diplomarbeit im Winter 2000/2001, die ich unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Roland Scherr bei einem Druckmaschinenhersteller in York, Pennsylvania erstellte, lernte ich meine zukünftige Frau kennen, und der Weg führte uns 2004 dann dauerhaft in die USA.
Bis 2012 arbeitete ich bei Westfalia Technologies, später bei Komax Solar, und habe dort jeweils den Servicebereich aufgebaut – bei Komax Solar sogar weltweit bis nach Asien. Bei Komax durfte ich auch die Produktion vom klassischem Push-Prinzip auf die modernen Pull-Strategien des Lean Manufacturing umstellen.
Von 2012 bis 2014 arbeitete ich als Consulting Manager für einen ERP-Anbieter in der Schweiz, da wir unseren Kindern etwas mehr europäische Denke aufprägen wollten. Während dieser Zeit hielt ich nebenher am Master-Studiengang der HS Geislingen Vorlesungen zu Innovativen Produktionssystemen. Anschließend arbeitete ich als Geschäftsführer USA jenes ERP-Anbieters in der Gegend von Boston.
2017 holte mich der Eigentümer von Westfalia Technologies wieder ins schnell wachsende Unternehmen zurück, wo ich nun als Vice President den Bereich Installation, Inbetriebnahme und Kundendienst leite und in die nächste Ausbaustufe führe.
Wie sieht Ihre typische Arbeitswoche aus?
Vor Corona arbeitete ich entweder vom Home Office in New Hampshire aus, oder war vor Ort bei meinem Team in Pennsylvania oder anderen Service-Niederlassungen, sowie auf Projektbaustellen und bei Kundenanlagen unterwegs. Aktuell sitze ich wie so viele Menschen die meiste Zeit in Online- oder Telefonkonferenzen. Meine Zeit verbringe ich vor allem mit Kommunikation – mit meinem Team, mit Kunden, mit Lieferanten und Auftragnehmern, und vor allem auch mit dem Management anderer Abteilungen im Unternehmen. Ständige Abstimmung, Informationen geben und einholen, Abgrenzungen zwischen den Teams usw. sind der Schlüssel zum Erfolg in unserem Markt.
Industrieservice hat unfairerweise einen etwas staubigen Ruf, viele verbinden damit den überteuerten Monteur im Blaumann. Tatsächlich ist es eines der spannendsten Aufgabenfelder in einem Unternehmen. In keinem anderen Team vereinen sich Neukundenvertrieb, Bestandskundenvertrieb, Konzeptentwicklung, Änderungskonstruktion, Steuerungs- und Softwareprogrammierung, Projektmanagement, Field Service, Ersatzteilwesen und Lifecycle Management der Kundensysteme. Die Lernkurve endet nie, kein Tag ähnelt dem nächsten. Man muss extrem flexibel sein, aufgeschlossen zu neuen Herausforderungen, Ruhe bewahren, auch wenn es mal an allen Ecken raucht. Langweilig ist es nie, als Belohnung erhält man eine Kameradschaft im Team, die ihresgleichen sucht.
Wenn Sie an Ihre Studienzeit zurückdenken, was haben Sie an Erfahrungen und Kompetenzen mitgenommen?
Ich bin sehr froh über die sehr herausfordernden Zeiten im Studium, als man sich einfach durchkämpfen musste. Sie zeigten einem, was man aushalten und erreichen kann, wenn man eben dranbleibt. Auch der Praxisbezug an der Hochschule Pforzheim ist extrem wertvoll. Nicht zuletzt gab es dort auch wertvolle Hilfe, wie man eigentlich studiert, wie man akademisch arbeitet und Ergebnisse erzielt, und sogar wie man eine Prüfung strategisch vorbereitet und bestreitet. Wenige Lehrbetriebe zeigen einem das Handwerkszeug des erfolgreichen Lernens auf.
Welchen Ratschlag geben Sie unseren Studierenden für die Karriereplanung?
Vergessen Sie nicht, wo Sie angefangen haben, wenn Sie über die Zeit wachsen. Wertschöpfung erfolgt nicht im Management, sondern bei jenen, die die Schrauben drehen. Bleiben Sie mit diesen Menschen, deren Arbeit und Umgebung vertraut, so dass Sie immer wissen ob Ihre Entscheidungen nur auf dem Papier oder auch in der Realität Erfolg kreieren, und Sie immer in der Lage sind, Ihr Team auf der operativen Ebene zu unterstützen und entlasten.
Liebe Fakultät für Technik, wofür ich Dich schon immer mal loben wollte:
Die Menschlichkeit der Hochschule blieb mir immer in Erinnerung. Man war nie nur eine Matrikulationsnummer, sondern wurde mit Namen angesprochen, und mit seinem Charakter und seinen Stärken und Schwächen angenommen. Ich wünsche und denke, dass die Hochschule sich dies bewahrt hat. Danke an alle, die mich für meinen Werdegang vorbereitet haben!