Digitalisierungsprojekt: Weiter so – und noch ein bisschen weiter
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Master-Studierende der Hochschule Pforzheim machen den Digital-Check im Landratsamt
Wie gut funktioniert der Bürger-Kontakt auf den Kanälen des Landratsamtes Enzkreis? Welche Kanäle nutzen die Bürger besonders gerne? Was kann verbessert werden? Und wie steht es um die Transformationsfähigkeit des Mittelstandes im Enzkreis?
Unter der Leitung der beiden Professoren Dr. Ansgar Kühn und Dr. Moritz Peter haben in diesem Jahr 20 Studierende in Kooperation mit dem Landratsamt Enzkreis zwei spannende Themen mit Bezug zur Verwaltung bearbeitet. In vielen digitalen Prozessen ist das Landratsamt Enzkreis bereits sehr gut aufgestellt oder befindet sich auf einem guten Weg. So könnte man die Präsentation des Kooperationsprojekts des Masterstudiengangs Wirtschaftsingenieurwesen „Engineering and Management“ der Hochschule Pforzheim mit dem Landratsamt Enzkreis zusammenfassen. Vor Kurzem präsentierten die Studierenden ihre Ergebnisse im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes.
Die Absolventen des Master-Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen „Engineering and Management“ der Hochschule Pforzheim führen immer im dritten Semester ein sogenanntes „Capstone-Projekt“ durch. Der „Capstone“ bildet durch den hohen Praxisbezug sozusagen den „Schlussstein“ für den Abschluss des Masterstudiengangs. „Die Studierenden haben sich auf der Zielgerade des Semesters trotz der schwierigen Umstände nochmal gesteigert und haben, wie ich finde, in einem spannenden Projekt sehr wertvolle Ergebnisse herausgefunden – auch dank der großartigen Unterstützung durch das Landratsamt“, lobte Studiengangleiter Professor Dr. Ansgar Kühn gleich zu Beginn der Präsentation.
Die erste Projektgruppe befasste sich mit dem „digitalen Bürger“. Entsprechend des Mottos der Digitalisierungsstrategie „Enzkreis 2025 - kompetent und bürgernah … auch digital“ war es Ziel, zu verstehen, wo das Landratsamt in Punkto digitale Kommunikation mit den Einwohnerinnen und Einwohnern steht und wie diese sich den digitalen Kontakt und die Kommunikation mit dem Amt in Zukunft vorstellen. Die Ergebnisse tragen zur Informationsbasis für die Priorisierung von Projekten bei und geben Handlungsempfehlungen für den „digitalen Bürgerkontakt“. Sie ergänzen zudem die konzeptionellen Auseinandersetzungen mit der Gestaltung von Bürgerdiensten in „digitalen Servicecentern“. Dazu kooperiert der Enzkreis bereits mit weiteren Verwaltungen in Baden-Württemberg.
Um herauszufinden, wie der digitale Kontakt zum Landratsamt zukünftig aussehen kann, führten die Studierenden zum einen eine (Online-)Umfrage unter den Einwohnerinnen und Einwohnern durch. Diese war von folgenden Fragen geleitet: Über welche Wege oder Kanäle möchten die Einwohnerinnen und Einwohner des Enzkreises künftig mit dem Landratsamt kommunizieren? Welche digitalen Kontaktmöglichkeiten bedarf es und welche Anliegen sollte man künftig darüber erledigen können? Zum Zweiten wurden tiefergehende Interviews mit der Behindertenbeauftragten, sowie Kolleginnen und Kollegen aus dem Jugendamt und der Abfallwirtschaft geführt, um anhand konkreter Dienstleistungen Prozesse mit Potential zur Digitalisierung zu identifizieren, analysieren und darzustellen. 99 Prozent der befragten Bewohner im Enzkreis haben einen Internetzugang, 94 Prozent benutzen ein Smartphone, so der Befund der Studierenden. Die Voraussetzung für einen Ausbau digitaler Aktivitäten im Bürgerdialog ist also gegeben.
Die zweite Projektgruppe beschäftigte sich mit der „Transformationsfähigkeit des Mittelstandes im Enzkreis“. Der aktuelle tiefgreifende Strukturwandel in der Automobilindustrie kann für zahlreiche Zuliefer-Betriebe folgenreich sein. Viele mittelständische Betriebe in der Region hängen in der direkten und indirekten Zuliefererkette der Automobilindustrie. Die erforderliche strategische Neuausrichtung dieser Unternehmen kann dazu führen, die Transformationsfähigkeit zur Elektromobilität oder die Fokussierung auf neue Branchen zu erhöhen. Dadurch werden die Wettbewerbsfähigkeit sowie die regionalen Arbeitsplätze nachhaltig gesichert.
Das Kooperationsprojekt zwischen dem Landratsamt Enzkreis und der Hochschule Pforzheim untersucht den Transformationsdruck sowie die Wandlungsfähigkeit der regionalen Betriebe. Durch Handlungsempfehlungen und Einleitung der korrekten Maßnahmen soll die Transformation in zukunftssichere Geschäftsfelder sichergestellt werden. Die direkte Einbindung der mittelständischen Betriebe bei der Erhebung des Transformationsbedarfs sichert später dann einen bedarfsgerechten Einsatz vorgesehener Förderprojekte in diesem Bereich. Auch hier wurde zum einen eine allgemeine Umfrage bei Unternehmen im Enzkreis durchgeführt und zum anderen sind Studierende in Interviews vertiefend der Frage nach der Transformationsfähigkeit nachgegangen.
46 Prozent der befragten Unternehmen finden das Thema Industrie 4.0 in der Anwendung interessant. 41 Prozent haben das digitale Arbeiten nach eigenen Angaben verbessert. Strategie ist hierbei der größte Treiber von Veränderung.
Nach der Präsentation gab es viel Lob von allen Seiten für die Studierenden. Marina Gerth, Digitalisierungsbeauftragte des Enzkreises, sieht in vielen Handlungsempfehlungen gute Umsetzungsansätze für ihre Behörde. „Die Arbeit der Studierenden zeigt die vielfältigen Anforderungen an eine Behörde und spornt uns an, das aufgezeigte Optimierungspotential zu nutzen“, so Gerth. Die Online-Dienstleistungen und Anträge über die Homepage und in der Enzkreis-App werden entsprechend der Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger weiter ausgebaut werden. Ziel ist, dass alle Menschen ohne Barrieren mit dem Landratsamt Kontakt aufnehmen können. „Wir werden uns dabei weiter eng mit anderen Verwaltungen austauschen, um voneinander zu lernen und den Behördengang für alle einfach und unkompliziert zu gestalten.“
Jochen Enke, Wirtschaftsförderer des Enzkreises, sieht darin großes Potenzial für die Wirtschaft im Enzkreis. „Die erarbeiteten Grundlagen aus dem Capstone Projekt sind für uns wichtige Bausteine um unseren Mittelstand weiter zu sensibilisieren und über die Befragungen weitere Erkenntnisse für geplante Förderprojekte zum Thema Transformation zu erhalten“, sagte Enke. Dort wo größere Abhängigkeiten von der Automobilindustrie bestünden, sei dies zwar nicht immer einfach, aber wichtig. Auch hier wolle man den Ball des Projektes aufnehmen und in weiteren Kooperationen mit der Hochschule vertiefen und den Mittelstand direkt in die Förder- und Forschungsprojekte mit einbinden. Prof. Dr. Moritz Peter hatte abschließend sowohl für die Studierenden als auch für das Landratsamt viel Lob übrig: „Sie sind eine ganz tolle Gruppe und haben hier eine starke Leistung erbracht“, sagte er und bescheinigte einen fachlich hohen Reifegrad der Projektarbeiten. „Es hat sehr viel Spaß gemacht mit Ihnen und dem Enzkreis zusammenzuarbeiten. Das Landratsamt hat kurzfristig zwei interessante und relevante Projekte für die Studierenden initiiert und während der gesamten Umsetzung intensiv unterstützt. Die Relevanz für das Landratsamt und die Unterstützung durch das Landratsamt haben die Studierenden während des gesamten Corona-Semesters motiviert und die in der Abschlusspräsentation gezeigten Resultate ermöglicht. Es freut mich, dass die Ergebnisse für die weitere Arbeit relevant sind.“