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Gelungener Auftakt des Studium Generale

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Reihe startet wieder mit Live-Publikum ins Semester

Prof. Dr. Christa Wehner (rechts) und Prof. Dr. Frauke Sander (links) begrüßen Prof. Dr. Hartmut Walz zum STUDIUM GENERALE im Audimax der Hochschule Pforzheim. Foto: Axel Grehl

Nach fast zwei Jahren Zuschauerabstinenz liegt eine knisternde Atmosphäre in der Luft des Walter-Witzenmann-Hörsaals der Hochschule Pforzheim, als die Professorinnen Christa Wehner und Frauke Sander die Bühne betreten, um die Referenten des Abends zum Auftakt des Studium Generale im Wintersemester vorzustellen. Durch Beschränkung der Plätze sowie 2G-Regel können die knapp 150 Zuhörer sogar ohne Maske den Vorträgen lauschen. Die Freude steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Die beiden Referenten haben allerdings nicht nur positive Einschätzungen im Gepäck: Zu wenig Verbraucherschutz und zu wenig staatliche Kontrolle - die Vorträge der beiden Finanzexperten Professor Dr. Hartmut Walz und Gerhard Schick haben einen kritischen Einblick in die Finanzwelt gegeben. Die, so Walz, aber nicht generell verdammt werden könne. Denn: „Es geht um Vertrauen.“

Produkte, die unter vertrauensvoller Aufsicht stünden, könnten sehr wohl empfehlenswert sein. Trotzdem hält der Professor der Hochschule Ludwigshafen in seinem Vortrag „Damit die Bank nicht immer gewinnt – Für faire Finanzmärkte und -produkte“ fest, dass viele Finanzdienstleister und ihre Produkte nach Walz´ Einschätzung am Ende zu weniger Rendite für den Anleger führen. Walz, der sich für den Verbraucherschutz in den Themen Geldanlage, Versicherungen und Vorsorge engagiert, stellt zunächst einmal klar: „Finanzdienstleistungen sind Vertrauensgüter“. Und gerade weil das so sei, bedürfe es an dieser Stelle noch viel mehr Verbraucherschutz für private Anlagen. Denn der Privatanleger ist nach Walz leichte Beuchte für die Finanzdienstleister. Deshalb fordert er: „Sei kein LEO (leicht erreichbares Opfer)!“ Um kein LEO zu sein, müsse man mündig, also informiert sein. So gesehen könne man nicht pauschal sagen, dass eine Anlage gut oder schlecht sei, sondern man müsse sich mit jedem Produkt intensiv auseinandersetzen. Wichtig sei, dass diese unter Aufsicht stünden. Nur so könne das Vertrauensgut Finanzdienstleistung das Vertrauen der Verbraucher rechtfertigen. Allerdings hätten Verbraucher kaum eine realistische Chance, Finanzprodukte auf deren Qualität hin zu überprüfen. Zumal die offensichtlichen Vorteile solcher Anlagen, etwa Steuervorteile, viel mehr der Finanzbranche als den Bürgern dienten. Zahlreiche Nachfragen aus dem Publikum zeigen, dass Themen wie Geldanlage und Altersvorsorge von großer Wichtigkeit sind.

 

Prof. Dr. Hartmut Walz. Foto: Axel Grehl
Dr. Gerhard Schick. Foto: Axel Grehl

Von privaten Anlagen wechselt Dr. Gerhard Schick in seinem Vortrag in die internationale Finanzwelt, in der Staaten zu Spielbällen werden können, wenn sie im Umgang mit Steuersätzen und Schlupflöchern keine Transparenz schaffen. Rund zwölf Millionen Dokumente aus 14 Quellen legen etwa 29.000 Steuerhinterziehungskonten offen – die jüngst veröffentlichten Pandora Papers zeigen eindrucksvoll, welches Ausmaß illegale Finanzgeschäfte weltweit annehmen. Etwa 21 Billionen Dollar, erklärt Schick, der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende ist, lägen laut Schätzungen auf Tausenden Konten in Steueroasen – auf Kosten der Allgemeinheit. Das, so ist der Volkswirt und ehemalige finanzpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen überzeugt, müsse sich ändern: „Wenn wir es schaffen, die Anonymität durch ein Transparenzregister sowohl bei Immobilien als auch bei Unternehmen auszubremsen, dann kommen wir zu einer ehrlicheren Wirtschaft", sagt er aus Berlin per Video zugeschaltet. Ins Visier nimmt er dabei all jene Institutionen, die für die Aufsicht der Finanzmärkte originär zuständig sind. Allen voran in Deutschland die BaFin. „Die BaFin ist zu mutlos, zu langsam und zu formal“, kritisiert Schick und listet mehrere Versäumnisse aus der Vergangenheit an Beispielen auf, besonders prominent in jüngster Vergangenheit der Fall Wirecard. Schick, der mit seinem Verein Finanzwende genau solche Fälle recherchiert, verweist nach dem Prinzip „Steter Tropfen höhlt den Stein“ auf jüngste Erfolge seiner Arbeit, etwa beim Cum-Ex-Skandal. Mit einem abschließenden Appell, genauer hinzusehen, verabschiedet er sich mit Beifall aus der Videoschalte.

Hartmut Walz bleibt dem Pforzheimer Publikum noch länger an diesem Abend für Fragen erhalten. Er diskutiert und signiert an seinem Büchertisch und zeigt lebhaft, was das Studium Generale als Publikumsveranstaltung an der Hochschule Pforzheim so wertvoll macht.

Das Studium Generale setzt sein Programm am 10. November mit Professor Dr. Matthias Quent fort. Der Professor für Soziologie und Soziale Arbeit diskutiert in „Rechtsfertigung der Ungleichheit: Sozialpopulismus, Kulturkampf und Klimarassismus der radikalen Rechten“ Funktionsmechanismen, Rechtfertigungsangebote und Herausforderungen für Demokratie, Solidarität und Nachhaltigkeit durch die äußerste Rechte.

Die Vorträge von Professor Dr. Hartmut Walz und Dr. Gerhard Schick können Sie hier nochmal ansehen.