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Das STUDIUM GENERALE

Vielen Dank an alle Besucherinnen und Besucher im Wintersemester 24/25 - wir freuen uns, Sie ab April wieder zu dem Programm des Sommersemesters 2025 im Studium Generale begrüßen zu dürfen!

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Mit den besten Grüßen
Ihr STUDIUM GENERALE TEAM
Prof. Dr. Frauke Sander & Prof. Dr. Nadine Walter

Diese Vorträge fanden im Wintersemester 24/25 bereits statt:

New Work“: Auf dem Weg zu einer sinnstiftenden Arbeitswelt

News

Prof. Dr. Anja Schmitz zu Gast im Studium Generale

Prof. Dr. Frauke Sander (l) freut sich gemeinsam mit Rektor Prof. Dr. Ulrich Jautz und Prof. Dr. Nadine Walter (r) über den Vortrag Ihrer Kollegin Prof. Dr. Anja Schmitz zum Thema New Work. Foto: Cornelia Kamper / Hochschule Pforzheim

Im Rahmen des Studium Generale an der Hochschule Pforzheim hielt Prof. Dr. Anja Schmitz, Expertin für Personalmanagement und Organisationsentwicklung, einen aufschlussreichen Vortrag zum Thema „Was ist ‚New Work‘?“. Die Veranstaltung zog Studierende und Gäste aus der Region in den Audimax sowie zahlreiche Zuschauer im Livestream an.

Professorin Dr. Frauke Sander eröffnete die Veranstaltung mit eindrucksvollen Zahlen, die die hohe Bedeutung der Arbeit für den Einzelnen und für die Gesellschaft verdeutlichen. „Wir verbringen insgesamt knapp neun Jahre unserer Lebenszeit mit Arbeit, kein Wunder sind Arbeitszufriedenheit und Lebenszufriedenheit so eng miteinander verwoben“, betonte sie. „Im vergangenen Jahr haben allerdings nur 31% der Arbeitnehmer in der repräsentativen „Jobstudie“ angegeben, dass sie vollkommen zufrieden sind […]. Ein wesentlicher Treiber dieser Zufriedenheit liegt darin, wie wir Arbeitsatmosphäre und Arbeitsumfeld gestalten – und genau da setzt das Thema New Work an“. Mit diesen einleitenden Worten übergab die Organisatorin des Studium Generale an Professorin Dr. Anja Schmitz.

Schmitz begann ihren Vortrag mit einer historischen Einordnung des Begriffs „New Work“, der zwar gerade in den letzten Jahren besonders im Fokus stand, eigentlich aber gar nicht so neu ist. Sie erklärte, dass das Konzept ursprünglich von Frithjof Bergmann entwickelt wurde, der das Ziel hatte, Arbeit zu einem erfüllenden und sinnstiftenden Teil des Lebens zu machen. Dies wurde im Zuge der industriellen Revolution notwendig, als in den 80er Jahren technologische Fortschritte und Automatisierungsprozesse zu einer großen Entlassungswelle geführt hatten. „Das Ziel von New Work ist es, den Menschen nicht nur als Arbeitskraft, sondern als kreativen und sinnerfüllenden Akteur in den Arbeitsprozess einzubeziehen“, sagte Professorin Dr. Anja Schmitz. Dabei würden drei Säulen eine wichtige Rolle spielen: Lohnarbeit, High-Tech Eigenproduktion, also das selbstständige Erarbeiten von Dingen, sowie Sinnerfüllung. Sie erläuterte, wie sich das Konzept von „New Work“ seit seinen Anfängen verändert hat, insbesondere im Kontext der digitalen Transformation und der fortschreitenden Automatisierung. „New Work ist weit mehr als nur eine moderne Arbeitsplatzgestaltung oder flexibles Arbeiten. Es ist ein tiefgreifender Ansatz, der Arbeit als eine Quelle von Sinn und Erfüllung neu definiert“, so die Expertin.

Die Herausforderungen der vierten industriellen Revolution

Mit der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung sind neue Herausforderungen für Unternehmen und ihre Führungskräfte entstanden. Schmitz betonte, dass Unternehmen nicht nur durch technologische Veränderungen, sondern auch durch die gestiegenen Erwartungen der Mitarbeiter*innen und Kund*innen herausgefordert werden. „Die Zukunft gehört den Unternehmen, die sich agil und anpassungsfähig zeigen. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um in einer dynamischen und globalisierten Welt zu bestehen“, erklärte sie. Im Laufe des Abends gab es einige konkrete Beispiele aus der Praxis, wie Unternehmen das Konzept von New Work erfolgreich implementieren. Dabei stellte sie fest, dass New Work ein ganzheitlicher Ansatz ist, der alle Aspekte einer Organisation umfasst: Struktur (Mitarbeitenden Freiheit ermöglichen und Experimentierräume eröffnen), Führung (Hierarchien abbauen und Selbstverantwortung fördern), Entwicklung (Menschen in Entwicklungsprozessen unterstützen und Lernen ermöglichen), Arbeitsgestaltung (Sinn stiften und fördern) sowie die soziale Verantwortung spielen eine Rolle. „New Work sieht in jeder Organisation anders aus, jede Organisation muss für sich ausloten, wie es funktionieren kann, denn es gibt kein allgemeingültiges Rezept“.

Professorin Anja Schmitz schloss ihren Vortrag mit einem kritischen Blick auf die derzeitige Umsetzung von „New Work“. Sie rekapitulierte, dass viele Unternehmen den Begriff „New Work“ häufig mit oberflächlichen Maßnahmen wie Tischkickern oder mobilem Arbeiten verknüpfen – eine gefährliche Banalisierung des Begriffs. „New Work ist mehr als das. Es geht um tiefgreifende Veränderungen in der Art und Weise, wie wir arbeiten“, so Schmitz. Sie zitierte den Sozialphilosophen Bergmann, der 2018 kritisch das Aussaß seiner Sozialutopie betrachtete: „Für viele ist New Work etwas, das Lohnarbeit ein bisschen reizvoller macht – es ist wie Lohnarbeit im Minirock.“ In dieser vereinfachten Form sei der Begriff inzwischen weitgehend verwässert.

Die Frage bleibt, wie sich „New Work“ weiterentwickeln wird. Laut Schmitz zeigt sich bisher ein schwacher Zusammenhang zwischen den eingeführten partizipativen Praktiken und dem Erfolg von Unternehmen. Viele Unternehmen setzen bislang vor allem Oberflächenmerkmale um. „Sind wir wirklich an den Kern vorgedrungen?“, fragte sie. Um langfristig positive Effekte zu erzielen, komme es auf die Wahrnehmung der Mitarbeitenden an: „Es geht um psychologisches Empowerment, um die Bedeutung der Arbeit, Selbstbestimmung und Einfluss auf die eigenen Aufgaben. Nur so können echte positive Veränderungen eintreten.“

Prof. Dr. Anja Schmitz hat in ihrem Vortrag einen spannenden Einblick in das Konzept „New Work“ gegeben und aufgezeigt, worauf es wirklich ankommt. Foto: Cornelia Kamper

Nahostkonflikt: „Von Frieden kann noch lange nicht die Rede sein“

News

Richard C. Schneider gab im Studium Generale tiefgehende Einblicke in Nahostkonflikt

Das Studium Generale in hybrider Form: Prof. Dr. Frauke Sander (links) sowie Prof. Dr. Nadine Walter (rechts) begrüßten den Nahost-Experten Richard C. Schneider im Audimax, während dieser live zugeschaltet war. Foto: Cornelia Kamper / Hochschule Pforzheim.

Im Rahmen des „Studium Generale“ an der Hochschule Pforzheim hielt der renommierte Nahost-Experte Richard C. Schneider einen eindrucksvollen Vortrag über die dramatische Eskalation im Nahen Osten und die (vorerst) vergebliche Hoffnung auf Frieden. Im gut besetzten Audimax erläuterte Schneider, der online zugeschaltet war, die komplexen geopolitischen Zusammenhänge des Konflikts, dessen Ursachen weit über die aktuellen militärischen Auseinandersetzungen hinausreichen.

„Von Frieden kann noch lange nicht die Rede sein und ich weiß nicht, ob jemals wirklich die Rede von Frieden sein wird“, betonte der Experte in seiner Analyse der gegenwärtigen Situation und nahm dabei Bezug zum aktuellen Waffenstillstand zwischen der Hisbollah und Israel. Der Konflikt, ausgelöst durch die dramatischen Ereignisse vom 7. Oktober 2023, hat die Region erneut in einen Zustand der Gewalt gestürzt, der in der internationalen Gemeinschaft große Besorgnis auslöst. Auch wenn weltweit von einem Waffenstillstand und von Hoffnungen auf eine diplomatische Lösung gesprochen wird, bleibt die Realität des Nahen Ostens aus Sicht von Schneider düster. Er warnte vor einer Fortsetzung der Gewaltspirale: „Wenn wir Pech haben, fängt derselbe Teufelskreislauf wie zuvor an – der Krieg ist vorbei, Waffenstillstand, Wiederaufbau, dann erneute Aufrüstung und irgendwann explodiert das wieder und es kommt der nächste Krieg“. Die politische Lage sei nach wie vor instabil, und eine langfristige Lösung sei aktuell nicht in Sicht.


Ein zentrales Thema seines Vortrags war zum einen die ideologische Grundlage der Hamas, deren Ursprung in der Muslimbruderschaft liegt und deren antisemitische Ausrichtung zu den gewaltsamen Konflikten beigetragen hätten. „Es geht nicht nur um die Idee, zwischen Mittelmeer und Jordanien einen Staat auf der Basis der Scharia zu errichten, sondern auch um die Vernichtung der Juden“, erklärte Schneider. Diese Ideologie des Juden als Feindbild sei tief verwurzelt und treibe die Gewalttaten voran. Die jüngsten Angriffe und die Geiselnahmen vom 7. Oktober – bei denen über 1.200 israelische Zivilisten getötet und rund 250 entführt wurden – haben das Vertrauen in die israelischen Sicherheitsstrukturen erschüttert. „Der größte Teil der Israelis will die Regierung abschaffen“, so Schneider, der den politischen Zerfall Israels und den Vertrauensverlust in die Staatsführung als einen entscheidenden Faktor für die weitere Eskalation betrachtete. „Das, was im Oktober passiert ist, ist das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust 1945 – dabei wurde der Staat Israel gegründet, um Juden vor solchen Angriffen zu schützen und das ist ein Desaster für Netanjahu“, erklärte der Experte dem gebannten Publikum. 

 

Die politische Situation in Israel ist gespalten und die Forderungen nach einem Ende der Gewalt werden immer lauter. Doch die Chancen auf eine Zweistaatenlösung, wie sie von der internationalen Gemeinschaft immer wieder gefordert wird, erscheinen angesichts der tiefen ideologischen Kluft auf beiden Seiten zunehmend unrealistisch, so Schneider: „Einerseits die palästinensische Gesellschaft, die sieht was in Gaza passiert – dort wird es keine Mehrheit geben, die sich mit den Israelis zusammensetzen will und sagt: Lasst uns Frieden machen“. Auch auf israelischer Seite sähe es nicht besser aus: „Die jungen Menschen auf beiden Seiten kennen nicht mehr die Menschen, mit denen man auch Kaffee getrunken, gegessen hat oder gemeinsame Interessen hatte – sie kennen nur noch Siedler, Soldaten oder Terroristen.“ 
 

Daher warnte Schneider vor einer zunehmenden Radikalisierung. „Feindbilder auf beiden Seiten werden durch das Fehlen von echten Kontakten weiter verfestigt. Die Gefahr der Radikalisierung wächst, das macht mir wirklich Sorgen“, sagte er. Für ihn steht fest: Der Konflikt zwischen Israel und Palästina ist kein Problem, das sich in absehbarer Zeit lösen lässt: Wenn ich mir im Moment die politischen Akteure auf beiden Seiten anschaue, wüsste ich nicht wo die Figuren sind, die es braucht, wenn man echte Veränderungen will.“
 

Premierminister Benjamin Netanjahu, dessen politisches Überleben zunehmend von persönlichen und ideologischen Faktoren abhängt, hätte in der jüngsten Vergangenheit wiederholt betont, dass Israel jederzeit bereit ist, für die Sicherheit des jüdischen Volkes zu kämpfen. Schneider stellte jedoch infrage, ob diese Haltung in der aktuellen Situation noch tragfähig sei: „Warum will dieser Mann wirklich an der Macht bleiben? Es gibt einen laufenden Prozess wegen mutmaßlicher Korruption in drei Fällen. Bei einer Verurteilung droht ihm Gefängnis und das ist für ihn der größte Antrieb!“ 

Richard C. Schneider referierte per Videoübertragung und konnte somit auch die neugierigen Fragen des Publikums im Nachgang beantworten. Foto: Cornelia Kamper

Abschließend ging Schneider auf die Fragen des Publikums ein – unter anderem auf die nach den palästinensischen Opfern des Konflikts. Als Journalist, der zahlreiche Krisenherde selbst vor Ort erlebt hat, betonte er: „Wenn man als Journalist vor Ort ist, spielt es keine Rolle, welcher Nationalität oder Glaubenszugehörigkeit ein Opfer angehört. Wenn man getötete Kinder oder Familien sieht, verliert das alles an Bedeutung.“ In diesen Momenten, so Schneider, könne man sich nicht mehr auf politische Kategorien stützen – der Mensch stehe im Vordergrund. Seine Worte gingen über die persönliche Ebene hinaus und trafen einen Kernpunkt seiner gesamten Analyse: „Wenn wir nicht mehr in der Lage sind, das Leid sowohl auf der einen als auch der anderen Seite zu verstehen, dann verlieren wir unsere Menschlichkeit.“ In einer Welt, die zunehmend von Polarisierung und Feindbildern geprägt ist, rief Schneider dazu auf, sich über politische und ideologische Grenzen hinweg auf das Gemeinsame zu besinnen.

„Verbraucher können die Qualität von Lebensmitteln schlichtweg nicht erkennen“

News

Verbraucherschützer Thilo Bode zu Gast an der Hochschule Pforzheim

Rektor Ulrich Jautz freute sich gemeinsam mit den Professorinnen Frauke Sander und Nadine Walter (v.l.n.r.), dass sie Thilo Bode als Redner fürs Studium Generale gewinnen konnten. Fotos: Cornelia Kamper

In einem eindrucksreichen Vortrag über Verbraucherrechte in der Lebensmittelindustrie hat der Foodwatch-Gründer Thilo Bode das Publikum im Studium Generale aufgeklärt. Im vollgefüllten Audimax der Hochschule Pforzheim berichtete er über gravierende Defizite im aktuellen Lebensmittelrecht und der Irreführung von Verbraucher*innen. Er unterstrich die dringende Notwendigkeit, gesetzliche Regelungen zu verschärfen und die Verbraucher*innen vor unzureichender Information und versteckten Gefahren zu schützen.

„Wer von Ihnen glaubt, dass es für Verbraucher*innen schwierig ist, zu erkennen wie gut die Qualität von Lebensmitteln ist?“, fragte Bode zu Beginn seines Vortrags und nickte zustimmend, als dreiviertel des Saals Handmeldung gab. Anhand eines Orangensaftes verwies er auf die unzureichenden und oft irreführenden Kennzeichnungen auf vielen Lebensmittelprodukten. Auf dem Etikett waren unter anderen Bezeichnungen wie „Unterstützt ein ausgewogenes Abwehrsystem“ oder „Erntefrisch gepresst“ zu finden, zudem die Herkunftsbezeichnung „Von unserem langjährigen Partner in Sizilien“, was Käufer*innen in die Irre führe. Das Produkt enthält beispielsweise neun Gramm Zucker – und somit u.a. ein falsches Gesundheitsversprechen, das so nicht haltbar sei.

Bode betonte die Diskrepanz zwischen den bestehenden Gesetzen und den tatsächlichen Interessen der Verbraucher*innen: „Das ist alles kommerziell ausgerichtet. Es fehlt nicht an Gesetzen, sondern an den richtigen Gesetzen und effektiven Kontrollen!“, erklärte er. Er kritisierte, dass die wahren Qualitätsmerkmale von Lebensmitteln häufig unklar blieben und die Verordnungen nur auf EU-Ebene beschlossen werden. Einige Beispiele nannte der erfahrene Aktivist im Laufe des Abends: Heumilch komme von Kühen die trotzdem mit Kraftfutter zugefüttert werden, der Preis von Olivenöl zeuge nicht von Qualität, sondern wird durch Umlaufgeschwindigkeit und Rendite kalkuliert und das Versprechen „Traditionelle Rezeptur“ bei Backwaren sei kein Indiz für Handarbeit und verhindere nicht, dass undurchsichtige Zusatz-Stoffe eingesetzt werden, die die Kruste besonders lang knusprig halten. „Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge – bei der Heumilch steht ja nicht drauf, die Kühe fressen NUR Heu und Gras“, veranschaulichte Bode.

 

Besonders bedenklich sei auch die freiwillige Einführung des Nutri-Scores, der es den Verbrauchern erleichtern sollte versteckte Nährwerte wie Zucker zu erkennen. „Der Nutri-Score ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber er müsste verbindlich sein. Das wurde leider gekippt“, so Bode. Dies sei ein Beispiel für die starke Lobbyarbeit der Lebensmittelindustrie, die eine verpflichtende Kennzeichnung immer wieder verhindere. „Die Verbraucher können die Qualität von Produkten schlichtweg nicht unterscheiden.“, sagte der Experte. Auch die weit verbreiteten Zusatzstoffe in Lebensmitteln sind ein Problem. In den letzten Jahren seien über 300 neue Zusatzstoffe hinzugekommen. Besonders besorgniserregend seien auch Pestizidrückstände in Obst und Gemüse oder Mineralrückstände in Lebensmitteln, die sogar in Babynahrung festgestellt werden konnten. „Es gibt keine effektiven Regelungen gegen die Mischung von Pestiziden – die einzelnen Wirkstoffe bleiben zwar unter der erlaubten Grenze aber hier kommt der sogenannte Cocktaileffekt ins Spiel.“, warnte Thilo Bode das Publikum.
 

Ökologische und soziale Verantwortung

Ein wichtiger Punkt auf Bodes Agenda waren falschen Versprechungen im Bereich der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes, insbesondere bei Bio-Produkten. „Bio bedeutet nicht automatisch besser – auch hier sind die Treibhausgasemissionen nicht unbedingt geringer“, so Bode. Der deutsche Tierschutz sei ebenfalls katastrophal: „Tiere müssen schmerzfrei leben können. In der industriellen Landwirtschaft, auch bei Bio, ist das leider nicht der Fall. 80% der Legehennen haben ein gebrochenes Brustbein, da das Calcium, das sie zu sich nehmen, für die erhöhte Eiproduktion gebaucht wird – da hilft es auch nicht, dass die Hennen mehr Auslauf haben“, berichtete der Verbraucherschützer dem gebannten Publikum. Er unterstrich, dass die Preise für Lebensmittel den Konsument*innen keinen Aufschluss über die Qualität geben können: „Teuer ist nicht gleich gut und billig ist nicht gleich schlecht“, hielt er fest und gab die Empfehlung: „Da können Sie genauso gut im Discounter einkaufen, wobei jene wahrscheinlich eine bessere Umweltbilanz vorweisen können“.

Thilo Bode klärte im Studium Generale über die (nicht vorhandenen) Verbraucherrechte rund um Nahrungsmittel auf und gab zahlreiche bildhafte Beispiele.

Politische Handlung und gesetzliche Reformen notwendig

Abschließend forderte Bode eine stärkere politische Regulierung und ein gesetzliches Vorgehen, das den Verbraucherschutz stärkt. „Es muss klare, verbindliche Regeln geben, die den Verbrauchern helfen die Qualität von Lebensmitteln zu erkennen. Und der Staat muss endlich aktiv werden, um den Markt zu kontrollieren.“ Bode plädierte für eine Klagebefugnis für Verbraucherverbände, um gegen Missstände vorzugehen und für stärkere Auskunftsrechte. „Wenn wir Verbraucherschutz als Bürgerschutz definieren, dann müssen auch die Rechte der Verbraucher gestärkt werden“, so das Fazit des Abends. Doch das sei ein langwieriger Weg und keine Aufgabe, die schnell gelöst werden könne. 

Das Studium Generale setzt das Programm am 27. November 2024 ab 19 Uhr fort. Richard C. Schneider wird in seinem Vortrag den Nahostkonflikt thematisieren.

Studium Generale: Tiefe Einblicke in die Denkweise der Amerikaner*innen

News

Arthur Landwehr berichtet über gesellschaftliche Spaltung der USA

Arthur Landwehr veranschaulichte anhand zahlreicher Beispiele die Zerrissenheit der USA und gab dabei tiefe Einblicke in Trumps Wählerschaft. Fotos: Cornelia Kamper / Hochschule Pforzheim

„Ich glaube, das ist das größte Publikum, vor dem ich bisher sprechen durfte.“, freute sich der renommierte Journalist und USA-Experte Arthur Landwehr im vollbesetzten Audimax der Hochschule Pforzheim. Im Rahmen der Vortragsreihe Studium Generale hat der ehemalige Washington-Korrespondent der ARD am Mittwochabend über die aktuellen Entwicklungen der US-Wahl gesprochen und interessante Einblicke in die Wählerschaft von Donald Trump gegeben. Dabei offenbarte Landwehr die gesellschaftliche Spaltung im Land anhand zahlreicher konkreter Beispiele.

Ein Kopf an Kopf Rennen

Die Umfragen zeigten derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump. „Niemand, der sich ernsthaft mit der Materie beschäftigt, kann eine verlässliche Prognose für den Wahlausgang abgeben.“, so Landwehr. Er schilderte die klaren Trennlinien zwischen verschiedenen Wählergruppen: Während Frauen und junge Menschen in den Städten überwiegend Harris unterstützen, stünden vor allem Männer und Menschen auf dem Land hinter Trump. Auch bemerkenswert sei der wachsende Anteil von Afroamerikanern und hispanischen Wähler*innen, die Trump ihre Stimme geben wollen – trotz seiner umstrittenen Politik.

Identität im Fokus: „Es geht nicht mehr nur darum, was ich will, sondern wer ich bin“

„Es geht bei dieser Wahl um weit mehr als nur zwei Kandidaten, es geht um die eigene Identität“, erklärte Landwehr. Themen wie die Rolle des Staates, die Definition von Geschlecht und Familie sowie die historische Aufarbeitung der Sklaverei spalten das Land tief. „Das sind Themen, da gibt es keinen Kompromiss. So z.B. die Frage was ist eine Waffe? Ist eine Waffe eine Möglichkeit meine Freiheit zum Ausdruck zu bringen oder etwas, was die amerikanische Gesellschaft gefährdet?“. Und damit ginge es bei dieser Wahl um mehr als Wirtschaftspolitik, Inflation oder Migration: „Es geht um die Identität, darum was es heißt ein wahrer Amerikaner zu sein und von welchem Amerika wir in Zukunft erzählen wollen.“, betonte der Experte. Die Polarisierung führe in den USA dazu, dass politische Meinungsverschiedenheiten häufig nicht mehr überwunden werden können – ganze 11 % der Amerikaner*innen hätten aufgrund politischer Überzeugungen sogar eine romantische Beziehung beendet, erzählt Landwehr und fragt das Publikum: „Würden Sie sich von Ihrem Partner trennen, wenn er oder sie die AfD wählt?“ 

 

Erfolgreicher Start ins Studium Generale: Der Journalist Arthur Landwehr (2. v.r.), hier mit den Professorinnen Frauke Sander (rechts), Nadine Walter und dem Rektor der Hochschule, Ulrich Jautz, freute sich über das große Publikum im Audimax.

„Trump ist nicht das Problem, er ist das Symptom“

Ein Schwerpunkt des Vortrags war die Analyse der Wähler*innen von Donald Trump und den Republikanern. Landwehr betonte, dass Trump als Symptom tieferer gesellschaftlicher Probleme gesehen werden müsste. Viele seiner Anhänger*innen fühlten sich von der Globalisierung abgehängt, insbesondere in ländlichen Regionen. „Donald Trump hat es geschafft, diesen Menschen ein Gefühl von Anerkennung und Ehre zurückzugeben“, konnte Arthur Landwehr bei seinen Gesprächen mit Menschen überall in den USA feststellen. Diese Wähler*innen schätzen Trump, weil er ihre Themen wie illegale Einwanderung und Handelsabkommen aufgegriffen habe. Landwehr zitierte dazu einen Anhänger Trumps: „Er ist der einzige Politiker, der uns noch nie belogen hat“ – obwohl laut der Washington Post während seiner ersten Amtszeit rund 30.000 Falschaussagen dokumentiert wurden. Aber darum ginge es seinen Anhängern nicht. Nach dem Motto „man muss Donald Trump nicht wörtlich, aber ernst nehmen“ wäre für seine Wähler*innen vielmehr relevant, dass sie sähen, dass seinen Wahlversprechen Taten folgen. „Er hat vor der Wahl gesagt, er werde etwas gegen die illegale Einwanderung tun und dann ist er hingegangen und hat angefangen diese Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen“, verdeutlichte Landwehr.

Der Experte gab zudem einige Ausblicke auf den Wahlabend sowie einen möglichen weiteren Verlauf und warnte vor der sogenannten „roten Fata Morgana“: Die vorläufige Auszählung der Stimmen aus den Wahllokalen könnte auch bei dieser Wahl anfangs für einen Wahlsieg Trumps sprechen. Die später dazugezählten Briefwahlstimmen, die in der Regel eher den demokratischen Wähler*innen zugeschrieben werden, haben jedoch das Potenzial den Ausschlag für den Sieg von Harris zu geben. Die tiefe Spaltung der USA sei eine echte Herausforderung und nur durch eine drohende Gefahr oder durch besonders charismatische Kandidat*innen zu überwinden: „Weder Trump noch Kamala Harris können meiner Meinung nach das Volk wieder zusammenzubringen“, zieht Arthur Landwehr das Fazit des Abends.  

Nach dem Vortrag entwickelte sich eine lebhafte Fragerunde, bei der die Zuschauer*innen rege von der Möglichkeit Gebrauch machten, ihre Fragen an den Journalisten zu richten. Die intensive Teilnahme des Publikums spiegelte das große Interesse am Thema wider.

Am 6. November setzt das Studium Generale sein Programm fort. Zu Gast wird Thilo Bode sein, ehemaliger Geschäftsführer von Greenpeace und Gründer der Verbraucherorganisation Foodwatch. Er berichtet über die Verbrauchersouveränität im Supermarkt und wird die wichtigsten Lebensmittel und das Verhalten vieler Lebensmittelkonzerne einem kritischen Qualitätscheck unterziehen.
 

Historie des STUDIUM GENERALE

Seit 1985 lädt die Hochschule Pforzheim Studierende, Professoren, Mitarbeiter und interessierte Gäste aus der Stadt und der Region zu einem anspruchsvollen STUDIUM GENERALE-Programm ein. Die Referenten sind renommierte Wissenschaftler, Unternehmer, Politiker, Künstler und Menschen, die Außergewöhnliches geleistet haben. Hunderte von interessierten Zuhörern nutzen immer wieder die Chance zur Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Themenfeldern, um ihren Horizont zu erweitern, Neues, Anregendes, manchmal auch Irritierendes zu erfahren und interessante Persönlichkeiten aus der Nähe zu erleben. Seit Oktober 2020 können alle Vorträge im Live-Stream über den YouTube-Kanal des STUDIUM GENERALE auch bequem von zu Hause aus oder von überall verfolgt und die Aufzeichnung noch etwa vier Wochen lang angeschaut werden. Sie alle sind herzlich eingeladen zum STUDIUM GENERALE an Ihrer Hochschule!

Die wissenschaftlichen Leiterinnen sind die Professorinnen Dr. Frauke Sander und Dr. Nadine Walter.

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Kontakt zum Studium Generale-Team

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